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Unser Hilfswerk unterstützt die katholische Kirche auf Sri Lanka, um den Opfern der Terroranschläge vom Ostersonntag beizustehen. Islamistische Selbstmordattentäter hatten im April dieses Jahres in drei christlichen Kirchen und drei Hotels fast 300 Menschen in den Tod gerissen und mehr als 500 Personen verwundet. Allein in der Kirche von Negombo kamen über 150 Menschen ums Leben.

 

Die Anwältin und Autorin Ewelina Ochab ergriff im September 2017 nach einer von KIRCHE IN NOT veranstalteten internationalen Konferenz in Rom die Initiative, um die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf Verletzungen der Religionsfreiheit zu lenken.

Gedenkstätte für die Anschlagsopfer in Negombo.
Eine große Welle der Solidarität im Land und der sri-lankischen Diaspora im Ausland sowie Soforthilfen von Teilen der Regierung haben es ermöglicht, die beiden durch den Anschlag zerstörten katholischen Kirchen im Erzbistum Colombo rasch wiederherzustellen.

 

Viele Familien stehen vor dem Nichts

Den betroffenen Familien wurde sofort mit medizinischer und materieller Unterstützung geholfen. Viele haben nicht nur einen Angehörigen verloren, sondern auch den Alleinverdiener der Familie. So stehen sie materiell vor dem Nichts.

Nun macht sich die katholische Kirche Sri Lankas daran, langfristige Hilfen für den Heilungsprozess und die psychosoziale Betreuung der Überlebenden und ihrer Familien nach dem Trauma bereitzustellen. KIRCHE IN NOT finanziert dieses Projekt.

Plakate vor der Kirche St. Sebastian in Negombo erinnern an die Opfer der Bombenanschläge.
Viele Menschen haben die Anschläge unmittelbar erlebt und sind schwer traumatisiert. Einige haben alle Familienmitglieder verloren, andere kümmern sich noch um zum Teil schwer verletzte Verwandte.

 

Besondere Therapie-Programme für Kinder

Für ihre Betreuung hat das Erzbistum Colombo ein Team aus 40 zertifizierten Trauma-Therapeuten aufgestellt. Sie betreuen trauernde, verwundete und andere schwer traumatisierte Menschen psychologisch. Geplant sind darüber hinaus spezielle Therapieprogramme für Kinder, Familien und alleinstehende Menschen. Mehr als 2000 Menschen sollen davon profitieren.

Ein großer Teil der von KIRCHE IN NOT bereitgestellten Förderung geht in die Ausbildung von 300 Beratern und Sozialhelfern – auch in der Jugendarbeit –, damit sie traumatisierte Menschen erkennen und ihnen zielgerichtet beistehen können.

Sri Lanka: Ein Land unter Schock

„Der neue Gedenktag für die Opfer religiöser Verfolgung ist ein wichtiger Schritt, um verfolgten Christen künftig mehr Gehör zu verschaffen“, resümiert Dr. Thomas Heine-Geldern.

 

Der Geschäftsführende Präsident von KIRCHE IN NOT zeigt sich zufrieden, dass 2019 der 22. August erstmals als „Internationaler Tag zum Gedenken an die Opfer von Gewalt aufgrund von Religion oder Glauben“ begangen werden kann. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hatte im Mai eine entsprechende Resolution verabschiedet.

Die Anwältin und Autorin Ewelina Ochab ergriff im September 2017 nach einer von KIRCHE IN NOT veranstalteten internationalen Konferenz in Rom die Initiative, um die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf Verletzungen der Religionsfreiheit zu lenken.

Trauer und Entsetzen bei der Beisetzung der Opfer eines Anschlags auf eine Kirche am 12. Mai in Burkina Faso.
Albert Malcolm Kardinal Ranjith, Erzbischof von Colombo, tröstet einen Mann, der einen Angehörigen bei den Anschlägen an Ostern 2019 in Sri Lanka verloren hat (Foto: Roshan Pradeep & T Sunil).
Seitdem sprach sie auf vielen Konferenzen, um ein Netzwerk aus Unterstützern zu bilden. Der Resolutionsvorschlag wurde schließlich von Polen in die UN-Vollversammlung eingebracht. Die USA, Kanada, Brasilien, Ägypten, Irak, Jordanien, Nigeria und Pakistan hatten den Vorschlag unterstützt. „Es war ein langer Prozess mit vielen Beteiligten, aber KIRCHE IN NOT war die Inspiration dafür“, sagte Ochab.

 

„Christen am stärksten verfolgt”

„Als Organisation, die sich seit über 70 Jahren für notleidende Christen einsetzt, freuen wir uns von KIRCHE IN NOT sehr, dass die Vereinten Nationen diesen Tag anerkannt haben. Das war ein überfälliger Schritt“, sagte Heine-Geldern. „Allen Glaubensgemeinschaften widerfährt regelmäßig Gewalt. Doch internationale Berichte zur Religionsfreiheit bestätigen leider immer wieder, dass Christen am stärksten verfolgt werden.“

Dr. Thomas Heine-Geldern, Geschäftsführender Präsident von KIRCHE IN NOT.(Foto: Wlodzimierz Redzioch).
Allein in den letzten fünf Jahren habe es zwei Fälle von Völkermord an religiösen Minderheiten gegeben: im Irak und in Syrien durch die Truppen des sogenannten „Islamischen Staates“ an Christen, Jesiden und anderen religiösen Gruppen sowie an der muslimischen Minderheit der Rohingya in Myanmar. Hinzu kämen die systematisch organisierten Gräueltaten, denen zunehmend insbesondere Christen in Afrika zum Opfer fallen, so Heine-Geldern.

 

Völkermord an religiösen Minderheiten

Der Präsident von KIRCHE IN NOT sieht den neuen Gedenktag als wichtigen Meilenstein, der aber nur ein erster Schritt sein dürfe: „Der 22. August darf nicht Selbstzweck sein, sondern muss einen Prozess anstoßen, der die internationale Gemeinschaft zu einem koordinierten Aktionsplan bewegt, um religiöse Verfolgung zu beenden und künftig zu verhindern.

- Dr. Thomas Heine-Geldern, Geschäftsführender Präsident von KIRCHE IN NOT.
Es ist eigentlich die Pflicht der Vereinten Nationen, der Regierungen und politischen Akteure dem Menschenrecht auf Religionsfreiheit Geltung zu verschaffen. Dem symbolischen Tag müssen jetzt Taten folgen.“
Eine von Boko Haram zerstörte Kirche in Nigeria.
Ein notwendiges Instrument sei unter anderem die Einrichtung einer UN-Plattform, um den Austausch mit Vertretern der verfolgten religiösen Gruppen zu fördern, erklärte Heine-Geldern. Zudem müssten die Vereinten Nationen auf die Einrichtung eines internationalen Tribunals für Gewaltakte hinarbeiten, die sich gegen Gläubige richten.

So können Sie helfen

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz in der Zentralafrikanischen Republik ist der Auffassung entgegengetreten, dass es sich bei dem seit 2012 anhaltenden Bürgerkrieg im Kern um einen Religionskonflikt von Christen und Muslimen handeln.

 

„Das stimmt nicht“, erklärte Bischof Néstor-Désiré Nongo-Aziagba gegenüber KIRCHE IN NOT. Das anhaltende Blutvergießen sei vielmehr die Folge der wirtschaftlichen Ausbeutung und des Konflikts um die Diamant- und Goldvorkommen des Landes.

Aufbahrung von Kriegsopfern in Bangassou/Zentralafrikanische Republik (Foto: Fundación Bangassou).
„Die Religion darf nicht dazu benutzt werden, die Ausbeutung zu vertuschen“, erklärte Nongo-Aziagba. Dies sei „ein Ablenkungsmanöver, das von den wirklichen Problemen wegführt: Armut, Analphabetismus und mangelnde Gerechtigkeit.“

 

Letzteres zeige sich daran, dass die Mitglieder der Rebellengruppen weitgehend straffrei ausgingen, obwohl schlimme Gräueltaten auf ihr Konto gingen. „Die Zentralafrikanische Republik steckt in einer politischen und nicht in einer religiösen Krise“, fügte der Bischof hinzu.

Bischof Néstor-Désiré Nongo-Aziagba.
Den Séléka-Truppen, die sich 2012 gebildet hatten und mittlerweile in verschiedene Gruppen zersplittert sind, gehörten zwar mehrheitlich Muslime an, aber ihr Ziel sei „nicht die Bevölkerung zu bekehren, sondern das Land auszubeuten“, sagte Nongo-Aziagba.

 

„Rebellengruppen geht es um die Ausbeutung des Landes”

Mehr als zwei Drittel der Milizionäre seien Söldner aus dem Tschad, Niger, Kamerun und anderen Staaten. Viele von ihnen seien keine praktizierende Muslime. „Sie verfolgen keine islamistischen Ziele. Ihr Augenmerk gilt dem Mineralienreichtum des Landes.“

Als Reaktion auf die Angriffe der Séléka bildete sich die Gruppe der sogenannten Anti-Balaka, der auch zahlreiche Christen angehören. Diese gäben vor, die Interessen der Christen im Land zu verteidigen, die etwa 75 Prozent der Bevölkerung stellen. „Damit verdrehen sie jedoch die Wahrheit“, erklärte der Bischof.

Nach einem Séléka-Angriff auf eine Krankenstation (Foto: Pater Aurelio Gazzera/KIRCHE IN NOT).
Er wirft mehreren Rebellengruppen vor, von der direkten oder indirekten Unterstützung einiger ausländischer Nationen zu profitieren. Diesen gehe es ausschließlich darum, den Bodenreichtum der Zentralafrikanischen Republik abzuschöpfen. „Die Milizen schaden Christen und Muslimen gleichermaßen“, sagte Nongo-Aziagba.

 

Flüchtlingswelle hält weiter an

Derweil hält die Flüchtlingswelle weiter an: Human Rights Watch zählte für 2018 mehr als 640 000 Binnenflüchtlinge in der Zentralafrikanischen Republik. Die Vereinten Nationenbeziffern die Zahl der Menschen, die ins Ausland geflüchtet sind, mit rund 570 000.

Flüchtlingsunterkunft auf dem Gelände des Priesterseminars des Bistums Bangassou/Zentralafrikanische Republik (Foto: Fundación Bangassou).
Auf die Frage, warum sich weiterhin viele Menschen, darunter auch Kinder und Jugendliche, den Milizen anschließen, nennt der Bischof drei Gründe: steigende Armut, fehlende Bildung und den Willen der Menschen, sich gegen weitere Angriffe zu wappnen.

 

Die Menschen seien frustriert über den zunehmenden Zerfall des Landes. Die Schwäche der Regierung zeige sich laut Nongo-Aziagba unter anderem darin, dass „etwa 80 Prozent des Landes von Rebellengruppen kontrolliert werden und es kein funktionierendes Straßen- oder Transportsystem gibt“.

Gottesdienst in einem Dorf in der Zentralafrikanischen Republik (Foto: KIRCHE IN NOT/Aurelio Gazzera).
Im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik orientiere sich die Bevölkerung wirtschaftlich Richtung am Sudan und verwende dessen Währung, im Südosten sind Wirtschaft und Währung der Demokratischen Republik Kongo der Orientierungspunkt. „Wo bleibt die Souveränität unseres Staates?“, fragt der Bischof.

- Bischof Néstor-Désiré Nongo-Aziagba.
Die katholische Kirche in der Zentralafrikanischen Republik sei entschlossen, den christlich-muslimischen Dialog weiter zu fördern. „Es ist entscheidend, dass Christen und Muslime zeigen, dass sie vereint sind“ und sich damit der Gewalt wiedersetzten, die in ihrem Namen ausgeübt werde, zeigt sich Nongo-Aziagba überzeugt.

 

„Als Christ habe ich Hoffnung für die Zukunft“, führte der Bischof aus, „aber ich muss realistisch bleiben: Es ist sehr schwer, die Gewalt der letzten Jahre zu überwinden.“

So können Sie helfen

Christen im Irak haben sich gegenüber KIRCHE IN NOT sehr besorgt gezeigt angesichts der Pläne des irakischen Parlaments zu einer Justizreform. Demnach würden den 13 stimmberechtigten Mitgliedern des Bundesgerichtshofs künftig auch vier islamische Rechtsgelehrte angehören.

 

Alle Entscheidungen des höchsten irakischen Gerichts würden dann die Zustimmung von mindestens drei der islamischen Gelehrten erfordern.

Weihnachtsgottesdienst in einer Kirche in Karakosch im Norden Iraks.
„Das bedeutet voraussichtlich, dass das islamische Recht, die Scharia, immer Vorrang hat“, erklärte Professorin Muna Yako, christliche Aktivistin und Verfassungsexpertin, gegenüber KIRCHE IN NOT. Der Bundesgerichtshof ist mit dem deutschen Bundesverfassungsgericht vergleichbar: Er legt die Verfassung aus und befindet darüber, ob strittige Gesetze und Vorschriften verfassungsgemäß sind.

 

„Aktuell hoffe ich immer, dass bei einem verhandelten Fall am Bundesgerichtshof den Menschenrechten und der Demokratie Vorrang eingeräumt werden“, sagte Yako. „Wenn jedoch islamische Rechtsgelehrte im Gerichtshof Sitz und Stimme erhalten, haben wir keine Chance, dass diese Werte jemals wieder Priorität bekommen.“

Professorin Muna Yako, christliche Aktivistin und Rechtsexpertin aus dem Irak.
Es sei zu befürchten, dass sich der Irak in eine islamische Theokratie verwandle, in dem die Scharia über den staatlichen Gesetzen stehe, so Yako: „Alle Gesetze werden dann auf der Religion basieren – zum Beispiel bezüglich Kleidung und Alkohol.“

 

Religiöse Minderheiten als Bürger zweiter Klasse

Schon jetzt würden religiöse Minderheiten als Bürger zweiter Klasse behandelt, obwohl sie seit Jahrhunderten zur irakischen Gesellschaft gehören. So verbieten die aktuellen Gesetze, dass Muslime zum Christentum konvertieren – umgekehrt sei dies jedoch erlaubt. Ebenso dürfen christliche Männer keine muslimische Frau heiraten, ohne zum Islam zu konvertieren.

Louis Raphael Kardinal Sako (Zweiter von links), Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche, zusammen mit Geistlichen und jungen Christen in Mossul (Foto: Mr. Fadi).
„Das ist eine verfassungswidrige Diskriminierung“, stellte Yako fest. Alle Versuche, daran etwas zu ändern, würden durch den Einfluss islamischer Richter am Bundesgerichtshof zunichtegemacht.

 

„Eine verfassungswidrige Diskriminierung“

So sieht dies offenbar auch der ranghöchste irakische Geistliche, Louis Raphael Kardinal Sako, Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche. In einem Brief an den Parlamentspräsidenten zeigte er sich verwundert darüber, dass die Gesetzesänderung ausgerechnet „nach all dem Leid, das wir Christen durch Terror, Vertreibung, Plünderung, Mord und Raub unseres Eigentums erlitten haben“, vorgeschlagen werde.

Übersicht über zerstörte, beschädigte und abgebrannte Wohngebäude in der Ninive-Ebene.
Die Justizreform gefährde die Zukunft der Christen im Irak, indem das islamische Recht auch auf sie angewendet würde, zum Beispiel in Erbschaftsangelegenheiten.

 

Sollten Parlament und Regierung das neue Justizgesetz annehmen, erklärte Rechtsexpertin Muna Yako gegenüber KIRCHE IN NOT, habe sie „keine Hoffnung mehr“ für Christen, Jesiden und andere religiöse Minderheiten im Irak: „Ich befürchte, dass dann noch mehr Christen den Irak verlassen. Wir werden dann nur noch Geschichte sein.“

So können Sie helfen

Die Diözese Wewak liegt an der Nordküste von Papua-Neuguinea, einem Inselstaat nördlich von Australien. Sie erstreckt sich über eine Fläche, die größer ist als Baden-Württemberg.

 

In dem Bistum leben aber nur eine knappe halbe Million Einwohner, von denen rund die Hälfte Katholiken sind. Die 48 Pfarreien erstrecken sich über ein riesiges Gebiet. Die Pfarrei Vokeo zum Beispiel besteht aus acht Inseln, über die sich die 50 000 Katholiken verteilen.

Pfarrer Dariusz Wozbiak freut sich über das renovierte Boot „Schwarze Madonna“ und dankt allen Wohltätern, die das ermöglicht haben.
Pfarrer Dariusz Wozniak muss weite Strecken auf dem Meer zurücklegen, um zu den Gläubigen zu gelangen. Ohne ein Boot ist die Seelsorge hier unmöglich.

 

Seit Jahren leistete dem Pfarrer sein neun Meter langes Motorboot, das auf den Namen „Schwarze Madonna“ getauft ist, gute Dienste. Aber im Laufe der Zeit wurden zahlreiche Reparaturen notwendig, die jedoch das Budget der Pfarrei sprengten.

Pfarrer Dariusz Wozniak verteilt Süßigkeiten an Kinder in seiner Pfarrei.
Alle Ersatzteile und die anderen notwendigen Materialien mussten nämlich aus Übersee eingeführt werden, da es sie in Papua-Neuguinea nicht gibt.

 

Mit 10.000 Euro haben unsere Wohltäter Pfarrer Wozniak geholfen, die „Schwarze Madonna“ wieder seetüchtig zu machen. So brauchen die Gläubigen nicht mehr vergeblich auf ihn zu warten. Allen, die geholfen haben, ein herzliches Dankeschön.

So können Sie helfen

Am 6. August 2014 eroberten und zerstörten Einheiten des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) die christlichen Ortschaften in der irakischen Ninive-Ebene. Etwa 120 000 Christen mussten über Nacht fliehen. Viele von ihnen fanden Zuflucht in und um Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan.

 

In den folgenden drei Jahren war Erzbischof Bashar Warda, der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, für viele Vertriebene die wichtigste Anlaufstelle. Er organisierte zusammen mit KIRCHE IN NOT zahlreiche Hilfen: von der Unterbringung über die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten, bis hin zu Schulen für Flüchtlingskinder.

August 2014: Tausende geflüchtete Menschen kampieren unter freiem Himmel in Erbil (Foto: ankawa.com).
Als ab Herbst 2016 die irakischen Streitkräfte und ihre Verbündeten die Ninive-Ebene zurückerobern konnten, kehrten zahlreiche vertriebene Christen in ihre Heimatorte zurück – auch wenn dort oftmals nur noch Ruinen standen. Zusammen mit den Ortskirchen unterstützt KIRCHE IN NOT den Wiederaufbau tatkräftig.

 

Zum fünften Jahrestag der IS-Invasion in der Ninive-Ebene sprach Maria Lozano von KIRCHE IN NOT International mit Erzbischof Warda über die damaligen Ereignisse und die anhaltenden Folgen für die Christen im Irak und im ganzen Nahen Osten.

Zerstörte Stadt im Irak.
MARIA LOZANO: Fünf Jahre sind seit den IS-Eroberungen und der dadurch ausgelösten Flüchtlingswelle vergangen. Was sind Ihre Erfahrungen aus dieser leidvollen Zeit?


ERZBISCHOF BASHAR WARDA: Wir stehen nach wie vor in einem existenziellen Kampf. Die unmittelbare Ursache ist der Angriff des IS am 6. August 2014. In einer einzigen Nacht verloren die Christen im Irak Unterkunft, Arbeit und Eigentum, Kirchen und Klöster.

Unsere Unterdrücker beraubten uns unserer Gegenwart, als sie versuchten, unsere Geschichte auszulöschen und unsere Zukunft zu zerstören. Dies war eine außergewöhnliche, aber keine einmalige Situation. Sie gehört zu den seit mehr als 1400 Jahren immer wiederkehrenden Gewaltwellen im Nahen Osten.

Baschar Warda, chaldäischer Erzbischof von Erbil/Irak.
War die IS-Invasion also nur die Spitze des Eisbergs?
Mit jeder weiteren Welle der Gewalt ist die Zahl der Christen zurückgegangen, bis heute. Wir Christen im Irak sind vom Aussterben bedroht. Was wird dann die Weltöffentlichkeit sagen? Dass wir durch eine Naturkatastrophe oder durch langsame Auswanderung ausgelöscht wurden? Dass die IS-Angriffe unerwartet kamen und uns überrascht haben?

 

Oder wird womöglich nach unserem Verschwinden die Wahrheit ans Licht kommen: dass wir im Laufe von 1400 Jahren beharrlich und stetig durch ein Glaubenssystem beseitigt worden sind, das regelmäßige und wiederkehrende Gewaltwellen gegen uns zugelassen hat?

- Baschar Warda, chaldäischer Erzbischof von Erbil/Irak.
Aber hat es in den 1400 Jahren Unterdrückung, von denen Sie sprechen, nicht auch Zeiten der Toleranz gegeben?
Es gab Zeiten relativer Toleranz. Das arabische Goldene Zeitalter wurde auf der Grundlage chaldäischer und syrischer Gelehrsamkeit errichtet. Es war christliche Gelehrsamkeit. Es hatte sich ein Stil des akademischen Dialogs entwickelt, der nur möglich war, weil eine Reihe von Kalifen Minderheiten tolerierte.

 

1400 Jahre Unterdrückung

Aber diese Augenblicke der Toleranz waren und sind eine einseitige Erfahrung. Es war und ist keine Frage der Gleichstellung. Wir Christen sollen nicht als Gleichgestellte behandelt werden; wir sollen nur toleriert oder nicht toleriert werden, je nachdem wie sehr die Herrschenden der Lehre des Dschihad folgen. Ja, die Wurzel all dessen ist die Lehre des Dschihad, die zur Rechtfertigung für Gewaltakte herangezogen wird.

Übersicht über zerstörte, beschädigte und abgebrannte Wohngebäude in der Ninive-Ebene.
Nach der Rückeroberung kehren viele irakische Christen in ihre Dörfer zurück. Wird die Lage besser?
Es gibt immer noch extremistische Gruppen, die immer größer werden, und die behaupten, das Töten von Christen und Jesiden trage zur Verbreitung des Islam bei. Das ist jedoch noch nicht alles. Nach der Verfassung des Irak sind wir zweitklassige Bürger. Wir sind denen ausgeliefert, die sich uns gegenüber überlegen erklären. Unser Menschsein gibt uns keine Rechte.

 

Christen sind im Irak Bürger zweiter Klasse

Manche sagen, die Brutalität und Gewalt des IS habe auch die islamische Welt verändert. Was meinen Sie?
Der IS hat eindeutig das Bewusstsein der Welt erschüttert, auch der islamischen Welt. Die Frage ist nun, ob der Islam eine politische Richtung bleibt, in der die Scharia die Grundlage des Zivilrechts ist und in der fast alle Aspekte des Lebens der Religion untergeordnet sind oder ob sich eine zivilisiertere und tolerantere Bewegung entwickeln wird.

Mit der Niederlage des IS ist die Idee einer Wiederherstellung des Kalifats nicht untergegangen. Diese Idee ist wiederaufgetaucht und heute in den Köpfen der muslimischen Welt fest verankert.

Prozession von Christen, die wieder in ihre Heimatstadt Karakosch zurückgekehrt sind.
Wie wird der Westen Ihrer Meinung nach darauf reagieren?
Darauf wüssten die religiösen Minderheiten im Nahen Osten nur zu gerne die Antwort. Wenn die nächste Welle der Gewalt auf uns zukommt, wird dann jemand an den westlichen Universitäten Demonstrationen organisieren und Transparente tragen, auf denen steht: „Wir sind alle Christen“? Ich spreche von der nächsten Welle der Gewalt, denn diese ist das zwangsläufige Ergebnis eines Regierungssystems, das Ungleichheit predigt und Verfolgung rechtfertigt.

 

Ein Regierungssystem, das Verfolgung rechtfertigt

Was könnte ein Ausweg aus diesem Dilemma sein?
Der Wandel muss durch eine bewusste Arbeit in der muslimischen Welt selbst herbeigeführt werden. Wir sehen kleine Anfänge davon, vielleicht in Ägypten, Jordanien, Asien, sogar Saudi-Arabien. Es bleibt sicherlich abzuwarten, ob dies wirklich aufrichtig ist.

Langsam kommt die Normalität zurück: Ein kleiner Laden in Karakosch.
Was fordern Sie von der westlichen Politik?
Wir fordern gemeinsame Anstrengungen, um die Gleichbehandlung aller Minderheiten im Irak und anderswo zu gewährleisten. Die Rolle, die christliche Gemeinschaften in islamischen Gesellschaften spielen oder gespielt haben, ist unterschätzt worden.

 

Zu verstehen, was im Irak geschehen ist, bedeutet, sich ehrlich vor Augen zu halten, was der Zweck einer christlichen und was der Zweck einer islamischen Rechts- und Gesellschaftsordnung ist – und was es bedeutet, wenn beide aufeinanderprallen. Ich verstehe, dass es sich um ein unbequemes Thema handelt. Aber für irakische Christen ist dies keine abstrakte Angelegenheit.

- Baschar Warda, chaldäischer Erzbischof von Erbil/Irak.
Ihre Zukunftsperspektive für die Christen im Irak ist sehr düster …
Seien wir ehrlich: In den Jahren bis 2003 gab es hier bis zu eineinhalb Millionen Gläubige, das waren sechs Prozent der irakischen Bevölkerung. Heute sind vielleicht nur noch 250 000 Christen übrig, vielleicht weniger. Und diejenigen von uns, die übrig sind, müssen auf das Martyrium gefasst sein.

 

Wir werden auf unserem Weg zum Aussterben nicht schweigend weitermachen. Dann kann, wenn wir eines Tages verschwunden sein sollten, niemand sagen: Wie konnte das geschehen? Die Gewalt und Diskriminierung von Unschuldigen muss ein Ende haben. Diejenigen, die sie predigen, müssen damit aufhören. Wir Christen im Irak sind bereit, Zeugnis abzulegen, ganz gleich welche Folgen das hat.

So können Sie helfen

Der deutsche Zweig von KIRCHE IN NOT hat das Spendenzertifikat des Deutschen Spendenrates erhalten. Die Auszeichnung wurde bei der Mitgliederversammlung des Vereins am 17. Mai in Bremen verliehen.

 

Im Vorfeld hatten unabhängige Wirtschaftsprüfer die Verwendung der Spendengelder bei KIRCHE IN NOT überprüft. Kriterien dabei waren unter anderem Transparenz sowie wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Spendengelder.

Auch wurde unter die Lupe genommen, ob KIRCHE IN NOT die Spenden in Übereinstimmung mit ihren Satzungszwecken verwendet und ob die Grundsätze des Deutschen Spendenrats eingehalten werden. Mit dem Spendenzertifikat wird dokumentiert, dass KIRCHE IN NOT alle diese Punkte erfolgreich erfüllt.

Daniela Geue, Geschäftsführerin des Deutschen Spendenrats, und Vorsitzender Wolfgang Stückemann verleihen das Spendenzertifikat an Kirche-in-Not-Geschäftsführer Florian Ripka (Bildmitte). © Jörg Sarbach
„Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung für geprüfte Transparenz. Sie ist eine Bestätigung unserer Arbeit für die verfolgte und notleidende Kirche wie für die Neuevangelisierung“, erklärte Florian Ripka, der Geschäftsführer von KIRCHE IN NOT Deutschland.

 

Das Hilfswerk erhalte keinen Cent an Kirchensteuermitteln oder aus staatlichen Töpfen. „Deshalb sind die Großherzigkeit und das Vertrauen der Wohltäter unser größtes Kapital“, erklärte Ripka. „Mit dem Spendenzertifikat belegen wir: Wer KIRCHE IN NOT unterstützt, kann es mit gutem Gewissen tun.“

Das Spendenzertifikat ist bereits der zweite Nachweis, mit der das Hilfswerk seine gewissenhafte Mittelverwendung dokumentiert.

Ihre Hilfe kommt an: Ordensschwestern und Kinder aus Aleppo/Syrien sagen danke für die Unterstützung von KIRCHE IN NOT.
Schon seit 1992 trägt KIRCHE IN NOT Deutschland das Spendensiegel des „Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen“ (DZI). Dies schließt eine jährliche intensive Prüfung durch DZI-Mitarbeiter ein.

Seit 2017 ist KIRCHE IN NOT zusätzlich Mitglied im Deutschen Spendenrat, dem aktuell 64 gemeinnützige Organisationen angehören.

Für die Träger des Spendenzertifikats finden ebenfalls regelmäßige Überprüfungen statt, bei denen externe Wirtschaftsprüfer die Qualitätskontrolle übernehmen.

So können Sie helfen

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird 70 Jahre alt. Am 23. Mai 1949 wurde es vom Parlamentarischen Rat verkündet, vorangegangen waren Abstimmungen in den Länderparlamenten.

Das Grundgesetz war ein Meilenstein für den demokratischen Neuanfang in Deutschland. In Vergessenheit gerät dabei, dass viele Väter und Mütter des Grundgesetzes sich ausdrücklich zum Christentum bekannten und es zum Maßstab ihres Handelns machten.

Über das christliche Erbe der deutschen Demokratie und die Gefahren für das Grundgesetz sprach Volker Niggewöhner mit dem früheren Bundestagsabgeordneten Norbert Geis (80) aus Aschaffenburg. Er gehörte fast drei Jahrzehnte für die CSU dem Deutschen Bundestag an und war darüber hinaus auch langjähriges Vorstandsmitglied von KIRCHE IN NOT Deutschland.

Brandenburger Tor, Symbol der Deutschen Teilung und Einheit.
VOLKER NIGGEWÖHNER: Herr Geis, viele Väter und Mütter unserer Verfassung waren bekennende Christen, allen voran Konrad Adenauer, der Vorsitzende des Parlamentarischen Rates und erste Bundeskanzler. Wie „katholisch“ ist unser Grundgesetz?
NORBERT GEIS
: Das Grundgesetz hat ganz und gar christliche Wurzeln. Es ist deshalb nur ganz zu verstehen, wenn man auf dieser Basis steht und erkennt: Unsere christliche Kultur ist nach dem Zweiten Weltkrieg in diesem Grundgesetz verfasst zum Ausdruck gekommen. Es lässt sich ohne das Christentum nicht denken.

 

Was ist von diesem christlichen Geist heute noch übriggeblieben?
Das Grundgesetz hat nach wie vor mit seiner Präambel eine christliche Ausrichtung: „In der Verantwortung vor Gott und den Menschen …“ Nach der Wiedervereinigung wurde eine Verfassungskommission eingerichtet. Da gab es Bestrebungen, die Präambel zu ändern.

Die CDU/CSU-Fraktion, später auch Teile der SPD, haben dagegen erklärt: Nein, die Präambel mit dem Gottesbezug muss bleiben. Sie wurde nicht geändert. Es stellt sich aber die Frage: Wird diese Aussage auch in der praktischen Politik umgesetzt? Ist sie im alltäglichen Leben wiederzuerkennen? Wir werden immer mehr zu einer säkularisierten Gesellschaft, die Gott weit weggerückt hat, obwohl sie eigentlich nach einem Grundgesetz lebt und ihre staatliche Gestaltung hat, in dem Gott eine entscheidende Rolle spielt.

Pater Werenfried van Straaten, der Gründer von KIRCHE IN NOT, links) im Gespräch mit Bundeskanzler Konrad Adenauer.
Sehen Sie aktuelle Gefahren für das Grundgesetz?
Der Artikel 1 des Grundgesetzes, „die Würde des Menschen ist unantastbar“, ist Allgemeingut geworden. Aber schon bei der Freiheit und dem Recht auf Leben gibt es Probleme. Das Recht auf Leben ist nicht durchgesetzt für das ungeborene Leben, obwohl das Bundesverfassungsgericht entsprechend geurteilt hat. Da wurde das Grundgesetz nach meiner Auffassung in der Gesetzgebung nicht realisiert.

Ein gewaltiger Bruch ist auch in Bezug auf Artikel 6 des Grundgesetzes entstanden: Schutz von Ehe und Familie. Plötzlich ist die Ehe nicht mehr, wie in den vergangenen 2000 Jahren und noch früher, der Zusammenschluss von Mann und Frau auf Lebenszeit. Jetzt auf einmal gibt es die „Ehe für alle“. Das ist nach meiner Auffassung ein Bruch von Artikel 6 und damit des Grundgesetzes.

„Artikel 1 des Grundgesetzes ist Allgemeingut geworden”

Während für die Väter und Mütter des Grundgesetzes der Gottesbezug noch selbstverständlich war, ist das auf europäischer Ebene nach langen Debatten gescheitert. Wir stehen vor den Wahlen zum Europäischen Parlament. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie für eine christliche Politik?
Ich würde eher von einer Politik nach christlichen Grundsätzen sprechen. Dafür sehe ich schon eine Chance. Die europäische Kultur ist christlich geprägt, und so ganz kann Europa nicht aus diesem Zusammenhang herausfallen.

Von Theodor Heuss stammt der Satz: „Die europäische Kultur ist auf drei Hügeln gebaut: der Akropolis in Athen, dem Kapitol in Rom und auf Golgota in Jerusalem.“ Wir müssen in Zukunft mehr darauf achten, das alle diese drei Element bewahrt bleiben. Da spielt das Christentum eine entscheidende Rolle.

Deshalb kommt es darauf an, dass genügend Frauen und Männer in die Parlamente kommen, die sich nach diesen Grundsätzen richten. Unsere christlichen Politiker müssen auch das Christentum leben.

Norbert Geis, langjähriger Abgeordneter im Bundestag.
Die Politik ist das eine. Was können die Christen noch tun, um in der Gesellschaft Gehör zu finden für christliche Werte?
Jeder von uns muss Zeugnis geben. Wir Katholiken müssen stärker für unsere Grundsätze eintreten. Wir dürfen keine Angst davor haben, wenn wir dafür auch einmal lächerlich gemacht und in den Dreck gezogen werden oder richtig Widerstand bekommen.

Wir müssen versuchen, das christliche Gedankengut in die Gesellschaft durch unser eigenes Leben und Handeln hineinzutragen, damit es auch in Zukunft unsere Kultur prägt. Dafür kann man nur beten.

- Theodor Heuss, erster Bundespräsident (1884-1963)
Sie waren viele Jahre Vorstandsmitglied bei KIRCHE IN NOT Deutschland. Wo sehen Sie katholische Vereinigungen und Hilfswerke heute gefordert?
Noch nie gab es in vielen Ländern weltweit eine solche Christenverfolgung wie derzeit. Dagegen muss Widerstand geleistet werden. Diese Aufgabe hat sich KIRCHE IN NOT gestellt. Durch die Hilfeleistungen in verschiedene gefährdete Regionen entsteht eine Rückwirkung auf unsere eigene Gesellschaft.

Hier kann KIRCHE IN NOT eine wichtige Rolle einnehmen, wie auch die anderen katholischen Vereinigungen. Ich erinnere nur daran, welche große Rolle die katholische Arbeiterschaft und katholische Denker bei der Entwicklung der Sozialen Marktwirtschaft gespielt haben.

Ich wünsche mir, dass Vereinigungen wie KIRCHE IN NOT durch ihre tätige Hilfe und ihr Zeugnis weltweit immer mehr in unsere säkularisierte Gesellschaft hineinwirken.

So können Sie helfen

KIRCHE IN NOT ist Träger des „Path-to-Peace-“(„Pfad-zum-Frieden“)-Preises 2019. Die internationale Auszeichnung wurde am  22. Mai in New York an den Geschäftsführenden Präsidenten von KIRCHE IN NOT, Dr. Thomas Heine-Geldern, verliehen.

Die Stiftung „Path to Peace“, die die Arbeit des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen unterstützt und Projekte in Entwicklungsländer finanziert, ehrte unser Hilfswerk als „führende Organisation weltweit, die ein Sprachrohr für Christen ist, die Verfolgung erleiden“.

Erzbischof Bernardito Auza, der ständige Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen und Präsident der Stiftung „Path to Peace“, bezeichnete KIRCHE IN NOT bei der Preisverleihung als „eine Stimme, die in der Wüste ruft und den Christen eine Stimme gibt, die um Hilfe schreien“.

Der Path-to-Peace-Preis wurde an KIRCHE IN NOT verliehen (Foto: Joe Vericker/photobureau.com)
Der Einsatz des Heiligen Stuhls für die Religionsfreiheit bei den Vereinten Nationen seien ohne „die konstante und hervorragende Zusammenarbeit mit KIRCHE IN NOT“ nicht möglich, so Auza.

Die alle zwei Jahre erscheinende Studie „Religionsfreiheit weltweit“ und weitere Publikationen des Hilfswerks seien „die besten Berichte, die es gibt, um die Verwüstungen durch Christenfeindlichkeit und den Status der Religionsfreiheit in 196 Ländern zu beschreiben. Die Wichtigkeit der Informationen, die diese Berichte liefern, kann nicht genug betont werden“, erklärte der Erzbischof.

„Konstante und hervorragende Zusammenarbeit”

Noch wichtiger sei aber der Einsatz von KIRCHE IN NOT vor Ort. Erzbischof Auza, der selbst als junger Priester ein Stipendium des Hilfswerks für weiterführende Studien in Rom erhielt, hob besonders die Arbeit von KIRCHE IN NOT in der irakischen Ninive-Ebene hin.

Dort strebe KIRCHE IN NOT „mit einer Art ,Marshall-Plan‛ für den Wiederaufbau von Häusern, öffentlichen Einrichtungen und Kirchen die Wiederbelebung dieser Region nach der Zerstörung durch den IS“ an.

Der geschäftsführende Präsident von KIRCHE IN NOT, Thomas Heine-Geldern, nimmt den Preis von Erzbischof Bernardito Auza entgegen (Joe Vericker/photobureu.com).
In seiner Dankesrede erklärte der Geschäftsführende Präsident von KIRCHE IN NOT, Dr. Thomas Heine-Geldern, dass die Auszeichnung „jenen Christen zusteht, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt, unterdrückt oder zum Schweigen gebracht werden“.

Heine-Geldern wies exemplarisch auf das Leiden vieler Christen an aktuellen Brennpunkten wie Sri Lanka, Pakistan, Nigeria, Burkina Faso, der Zentralafrikanischen Republik und im Nahen Osten hin.

„Geistliche Unterstützung und humanitäre Hilfe”

Die Antwort von KIRCHE IN NOT auf diese Verfolgung seien Hilfsprogramme, die „geistliche Unterstützung, humanitäre Hilfe, Traumatherapie und interreligiösen Dialog mit einschließen“.

Ohne die unermüdliche Unterstützung der Wohltäter sei die Arbeit von KIRCHE IN NOT nicht möglich. „Unsere Spender sind das Fundament, auf dem wir Brücken des Glaubens, der Hoffnung und der Nächstenliebe bauen, um die verfolgte Kirche zu unterstützen“, erklärte Heine-Geldern.

Thomas Heine-Geldern bei der Dankesrede (Foto: Joe Vericker/photobureau.com).
Krisenhilfe, Friedensarbeit und der Einsatz für Menschenrechte gehörten zusammen. Es liege in der Verantwortung aller Nationen und Nichtregierungsorganisationen, das Recht jedes Menschen auf Religionsfreiheit zu schützen, so Heine-Geldern.

„Wir dürfen den Kampf um die uneingeschränkte Durchsetzung dieses Grundrechts, das untrennbar mit der Würde jedes Menschen verbunden ist, nicht aufgeben“, sagte er.

Dabei liege die schwierigste Arbeit jedoch nicht in der Hilfeleistung, erklärte Heine-Geldern: „Es sind mutige Bischöfe, Priester, Ordensleute und engagierte Laien, die in vorderster Front mit den Gläubigen stehen und mit Verfolgung und Hass konfrontiert sind. Als Diener des Friedens bleiben sie bei ihrem Volk. Ihnen widme ich diese Auszeichnung.“

Wer ist „Path to Peace”?

Die Stiftung „Path to Peace“ existiert seit 1991 mit dem Zweck, die „Mission des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen“ zu fördern.

Vorsitzender ist der jeweilige Gesandte des Papstes am Sitz der Vereinten Nationen – ein Amt, das 1964 eingerichtet wurde. Die Stiftung verlieht einmal jährlich den „Path to Peace Award“.

Frühere Preisträger waren unter anderem Königin Sophia von Spanien, Großherzog Henri von Luxemburg und der Päpstliche Nuntius in Syrien, Mario Kardinal Zenari.

So können Sie helfen

Mit einer heiligen Messe und einer Lichterprozession haben am 31. Juli hunderte Christen in der Kathedrale von Dagupan im Nordwesten der Philippinen ihre Solidarität mit Bischöfen und Priestern ausgedrückt.

 

Gegen einige Geistliche laufen aktuell polizeiliche Ermittlungen. Ihnen wird unter anderem Verschwörung gegen Präsident Rodrigo Duterte, Verleumdung und Behinderung der Justiz zur Last gelegt.

Erzbischof Socrates Villegas freut sich über die Solidaritätsbekundungen der Gläubigen.
Unter den Beschuldigten befindet sich auch der Erzbischof von Lingayen-Dagupan, Socrates Villegas. Er ist Präsident des philippinischen Zweiges von KIRCHE IN NOT und gehört dem Aufsichtsrat des internationalen Hilfswerks an. Auch gegen drei weitere Bischöfe und einige Priester wird derzeit ermittelt.

 

Am 18. Juli hatte die Polizei gegen insgesamt 36 Personen die Ermittlungen aufgenommen. Unter ihnen befindet sich die philippinische Vizepräsidentin Leni Robredo. Sie hatte sich, wie auch die anderen Beschuldigten, mehrfach gegen den Regierungsstil Dutertes ausgesprochen, insbesondere gegen das rigide Vorgehen gegen die Drogenkriminalität.

Rigides Vorgehen gegen Drogenkriminalität

Das Thema Drogenkriminalität war auch der Auslöser der aktuellen Beschuldigungen. In Internetvideos hatte ein Mann namens Peter Joemel Advincula Präsident Duterte, einige Familienmitglieder und namhafte Unterstützer beschuldigt, selbst in Drogenkonsortien verstrickt zu sein. Der Mann berief sich dabei auf Insiderwissen: Er selbst sei früher ebenfalls Mitglied einer großen Drogenbande gewesen.

Mit einer Unterschriftenaktion zeigen Gläubige ihre Solidarität mit Erzbischof Socrates Villegas.
Nach den erhobenen Beschuldigungen begab sich der Mann in Polizeigewahrsam, um Racheakten von Duterte-Anhängern zu entgehen. Während der Vernehmungen zog er jedoch seine Aussagen zurück.

 

Er behauptete, die Drogen-Vorwürfe seien von der liberalen Partei, der auch Vizepräsidentin Robredo angehört, erfunden worden. Dies sei in Übereinstimmung mit oppositionellen religiösen Organisationen erfolgt.

Bischöfe als Drahtzieher einer Verschwörung bezichtigt

In einer Pressekonferenz benannte er explizit Erzbischof Socrates Villegas und Bischof Pablo Virgilio Siongco David aus Kalookan als Drahtzieher einer Verschwörung, mit der Präsident Duterte zu Fall gebrachten werden sollte.

Hunderte Gläubige versammelten sich zur Demonstration vor der Kathedrale in Dagupan.
Bischof David gilt als schärfster Kritiker der Anti-Drogenpolitik des Präsidenten. Er hat zahlreiche Hilfsprogramme für Abhängige und Aussteiger auf den Weg gebracht. Von Duterte wurde er daraufhin beschuldigt, er würde selbst Drogen konsumieren – ein Vorwurf, den David ebenso zurückwies wie die jüngsten Verschwörungsvorwürfe.

 

Auch alle anderen Beschuldigten haben jedes kriminelle Vorgehen gegen die Regierung bestritten. Bei einer Verurteilung drohen sechs bis zwölf Jahre Haft. Viele der Beschuldigten waren in der Vergangenheit bereits mit falschen Beschuldigungen und Morddrohungen konfrontiert.

Erzbischof Socrates Villegas ist der Präsident von KIRCHE IN NOT (ACN) Philippinen.
Der Direktor des philippinischen Büros von KIRCHE IN NOT, Jonathan Luciano, hatte mit einer Gruppe von Ehrenamtlichen an der Solidaritätskundgebung für Erzbischof Villegas und die weiteren Beschuldigten teilgenommen.

 

Falsche Beschuldigungen und Morddrohungen

„Papst Franziskus hat im Juli dazu aufgerufen, für die Redlichkeit der Rechtsprechung zu beten. Genau das tun wir und hoffen, dass die Ermittlungsbehörden sich von Wahrheit und Integrität leiten lassen“, erklärte Luciano.

Er sieht die jüngsten Beschuldigungen auch als weiteres Beispiel einer globalen Entwicklung: „Auf der ganzen Welt nehmen Fälle religiöser Verfolgung weiter zu. Neben Gewaltakten existiert jedoch auch eine subtilere Form der Verfolgung, die mindestens genauso gefährlich ist: die politische Verfolgung, die sich gegen unschuldige Diener der Kirche richtet.“

So können Sie helfen

Am 29. Juli haben Angehörige der Terrormiliz Boko Haram ein Dorf im Norden Kameruns überfallen, das zum katholischen Bistum Yagoua gehört. Dies berichteten lokale Ansprechpartner, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchten, gegenüber KIRCHE IN NOT.

 

Demnach hätten die Terroristen bei diesem Übergriff eine Gewaltstrategie angewandt, die sich gegen Frauen richtet: „Sie kamen in der Nacht, gingen in die Häuser und entführten ausschließlich die Frauen“, erzählten die Ansprechpartner.

Eine von Boko Haram zerstörte Kirche in Nigeria.
Die Entführten seien an eine zentrale Sammelstelle am Stadtrand gebracht worden. „Die Terroristen schnitten anschließend jeder Frau ein Ohr ab. Sie drohten ihnen, dass dies nur der erste Übergriff sei und sie zurückkommen würden. Dann ließen sie die Frauen laufen“, so die anonyme Quelle.

 

Obwohl die Bevölkerung eine Art Bürgerwehr aufgestellt habe, sei diese angesichts des Überraschungsangriffs machtlos gewesen.

Die verstümmelten Frauen wurden vom Militär aufgegriffen und in ein 260 Kilometer entferntes Krankenhaus gebracht. Die Ohramputation sei ein neues Instrument von Boko Haram, um diejenigen zu bestrafen, „die auf die Regierung und die Stimmen derjenigen hören, die der extremistischen Ideologie nicht folgen“, so die lokalen Ansprechpartner.

Frau mit verstümmeltem Ohr.
Die Bevölkerung des Dorfes sei angesichts des Übergriffs traumatisiert. Flucht sei jedoch für viele Bewohner keine Option, so die anonymen Ansprechpartner: „Sie leben von der Landwirtschaft und warten gerade auf die Ernte. Wohin sollten sie gehen?“

 

Die Terroreinheit „Boko Haram“ ist im Norden Nigerias entstanden, doch auch in den Nachbarländern Kamerun, Tschad und Niger kommt es immer wieder zu Anschlägen und Übergriffen.

So können Sie helfen

„Die Waffen der Terrormilizen werden nicht in Afrika produziert. Sie haben mehr Ausrüstung als das staatliche Militär. Sie könnten nichts ausrichten, wenn sie nicht vom Ausland unterstützt würden.“

 

Dies stellte Bischof Laurent Birfuoré Diabiré aus Dori in Burkina Faso gegenüber KIRCHE IN NOT fest. In dem westafrikanischen Land nehmen terroristische Übergriffe rapide zu. Ins Visier gerät immer mehr auch die christliche Minderheit des Landes, die rund ein Viertel der Bevölkerung ausmacht.

Trauer und Entsetzen bei der Beisetzung der Opfer eines Anschlags auf eine Kirche am 12. Mai in Burkina Faso.
Ende Juni sei es im Nachbarbistum Ouahigouya zu einem weiteren Überfall gekommen, berichtete Diabiré. Schauplatz war eine christliche Versammlung im Dorf Bani. „Die Fundamentalisten sind gekommen und haben den Teilnehmern befohlen, sich auf den Boden zu legen“, so der Bischof.

 

„Alle wurden durchsucht. Vier Bewohner trugen Kreuze. Sie wurden getötet, weil sie Christen waren.“ Nach der Exekution hätten die Terroristen auch die übrigen Bewohner bedroht: Wer nicht zum Islam konvertiere, würde das gleiche Schicksal erleiden.

Bereits fünf Attacken auf Christen in diesem Jahr: 20 Tote

Dies war bereits die fünfte Attacke gegen Christen in diesem Jahr; dabei verloren mindestens 20 Menschen ihr Leben – unter ihnen auch zwei katholische und ein protestantischer Geistlicher. Auch in seinem Bistum Dori sei am 17. März der Priester Joël Yougbaré entführt worden, so Diabiré. Seitdem gebe es kein Lebenszeichen mehr von ihm.

Bischof Laurent Dabiré aus Dori (Burkina Faso).
Die Gewaltwelle in Burkina Faso dauere bereits seit 2015 an, erklärte der Bischof: „Früher kam es ausschließlich an den Grenzen zu Mali und Niger zu Übergriffen. Allmählich dringen die Terroristen immer mehr ins Land vor.“ Neben Militär, Behörden und Zivilbevölkerung richte sich nun ihr Fokus immer mehr auf Gottesdienste und christliche Einrichtungen.

 

Terroristen immer mehr ins Land vor

„Ich habe den Eindruck, dass sie einen Konflikt zwischen den Religionen auslösen wollen“, sagte der Bischof. Denn in Burkina Faso funktionierte bislang das Zusammenleben der Religionen reibungsfrei – auf allen Ebenen. So sind in zahlreichen Familien einige Mitglieder Christen, andere Muslime.

Christen aus der Gemeinde Dablo/Burkina Faso bei einer Prozession.
Burkina Faso liegt auf dem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen auf Platz 183 von 189 und gilt damit als eines der ärmsten Länder der Welt. Es sei auch die grassierende Not im Land, die gerade die jungen Menschen in die Fänge der Extremisten treibe, glaubt Bischof Diabiré.

 

Burkina Faso ist eines der ärmsten Länder der Welt

„Am Anfang dachte man, dass die Extremisten alle Ausländer wären. Aber mittlerweile wird klar, dass einige von ihnen aus Burkina Faso kommen“, so der 53-Jährige. Ein Teil der Extremisten hätte jedoch noch eine weitere Motivation: „Sie betrachten diese terroristische Bewegung einfach als Ausdruck ihres Glaubens.“

- Bischof Laurent Dabiré aus Dori (Burkina Faso)
Die Angst in den christlichen Gemeinden nehme derweil weiter zu, so Diabiré. Er habe bereits zwei Pfarreien schließen müssen, um Priester und Ordensleute zu schützen. Manche Gebiete seien zu gefährlich, um Menschen von außerhalb dorthin zu entsenden.

 

Angst in den christlichen Gemeinden nimmt zu

Angesichts des Leids sei es sehr schmerzlich, dass niemand die christlichen Gemeinden beschütze – und der Terror ausländische Unterstützer habe, erklärte der Bischof. „Deshalb möchte ich mich an die internationale Gemeinschaft wenden: Wer die Macht hat, etwas zu tun, möge diese Gewaltwelle beenden!“

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