Katholische Christen können bei ihm außerdem das Sakrament der Versöhnung (Beichte) empfangen. Auf einem Büchertisch werden darüber hinaus Anregungen zum geistlichen Leben und Informationen über die Arbeit von KIRCHE IN NOT zu finden sein.
Bei dem „Beichtmobil“ handelt es sich um einen zum fahrenden Beichtstuhl umgebauten VW-Bus. Das im Mai 2013 eingeweihte Fahrzeug ist bereits das zweite seiner Art. Das Beichtmobil tourt durch Städte und Pfarrgemeinden; es ist bei kirchlichen Großveranstaltungen ebenso im Einsatz wie bei Handelsmessen und Stadtfesten.
Wie Pater Hermann-Josef Hubka erklärt, wolle KIRCHE IN NOT allen Menschen mit der Aktion einen Denkanstoß in der unmittelbaren Vorbereitung auf Ostern geben. „Oft reicht schon der Anblick des ‚Beichtmobils‘, und die Menschen denken über ihr Leben nach“, sagt er.
„Wenn uns das gelingt, haben wir schon viel erreicht: einen Moment des Innehaltens. Das tut allen gut – egal, ob wir katholisch, evangelisch, muslimischen Glaubens sind oder gar keiner Religionsgemeinschaft angehören.“
Mit diesen zu fahrenden Kirchen umgebauten Lkws hatte der Gründer des Hilfswerks, der niederländische Ordensmann Pater Werenfried van Straaten (1913-2003), nach dem Zweiten Weltkrieg mitgeholfen, die Seelsorge für heimatvertriebene Katholiken in Diasporagebieten sicherzustellen.
Schauen Sie gerne am 26. und 28. März in Regensburg und Bamberg vorbei. Pater Hermann-Josef freut sich auf Ihren Besuch und hat Zeit für Sie.
Das Beichtmobil von KIRCHE IN NOT kann von Pfarreien, Gemeinschaften und Initiativen kostenlos ausgeliehen werden.
Alles Weitere hierzu und die nächsten Einsatztermine können Sie telefonisch bei Pater Hermann-Josef Hubka, dem Geistlichen Assistenten von KIRCHE IN NOT Deutschland, erfragen. Telefon: 0 72 54 / 92 88 77.
Dennoch bemühten sich die Ordensmänner, jeden Ort einmal im Monat aufzusuchen. Nur eine Ortschaft mit 6000 Gläubigen konnte zweimal monatlich besucht werden. Dies ist aber viel zu wenig, denn Sekten breiten sich in dem Gebiet aus.
Um zu den Gläubigen gelangen zu können, ist ein zuverlässiges und solides Fahrzeug notwendig. Der alte Wagen der Kapuziner war jedoch in einem erbärmlichen Zustand. Er verbrauchte immer mehr Treibstoff und war den schlimmen Straßenverhältnissen nicht mehr gewachsen.
Daher hatten sich die Ordensmänner mit der Bitte um Hilfe an KIRCHE IN NOT gewandt. Unsere Wohltäter haben sie nicht im Stich gelassen, und so haben sie nun endlich einen neuen Wagen. 10.800 Euro haben unsere Wohltäter gespendet, um ihnen zu helfen.
Bruder Carlo Maria Chistolini schreibt uns im Namen seiner Mitbrüder und seiner Gläubigen: „Wir danken für die großartige Unterstützung. Die Gläubigen erwarten den Besuch der Brüder mit großer Freude.
In diesen abgelegenen Orten werden die Brüder zu Instrumenten der Hoffnung und tragen zur Entwicklung des Gemeindelebens bei. Die Pastoralbesuche bringen durch das Wort Gottes und die Sakramente Licht und verleihen dem leiderfüllten Leben der Menschen Sinn, so wie der Sauerteig den Teig durchdringt.
Möge Gott auf die Fürsprache der Jungfrau Maria und des heiligen Franz von Assisi hin Ihr Werk KIRCHE IN NOT und alle Wohltäter weiterhin in Ihrer großartigen Mission segnen.“
Um vor allem verfolgten Christen weiterhin beistehen zu können, bittet KIRCHE IN NOT um Spenden.
Christen und Muslime machen jeweils gut die Hälfte der Bevölkerung Bosniens und Herzegowinas aus. Die meisten Christen gehören den orthodoxen Kirchen an; rund 14 Prozent der Einwohner sind katholisch. In jüngster Zeit haben radikale islamische Strömungen im Land Zulauf – verstärkt durch Einflüsse aus dem Ausland.
Deshalb hält der Exodus der katholischen Christen, der mit dem Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 begonnen hat, weiter an. Damals lebten rund eine halbe Millionen Katholiken in Bosnien und Herzegowina – die meisten von ihnen Kroaten. Jeder zweite Katholik wurde vertrieben, berichtet das Erzbistum Vrhbosna.
Die Wunden des Krieges sind auch 23 Jahre nach dem Friedensvertrag von Dayton spürbar, sagt Erzbischof Vinko Kardinal Puljić. Er leitet seit 1990 das Erzbistum Vrhbosna mit Sitz in Sarajewo. Karla Sponar von KIRCHE IN NOT sprach mit ihm über die aktuelle Lage.
KARLA SPONAR: Wie ist die Situation der Katholiken in Bosnien und Herzegowina?VINKO KARDINAL PULJIC: Die meisten Katholiken waren im Zuge des Krieges vertrieben worden. Ihre Häuser wurden vielfach geplündert und zerstört.
Nach dem Krieg erhielten die Vertriebenen weder politische noch finanzielle Unterstützung, die eine Rückkehr möglich gemacht hätte. Die diesbezüglichen Bestimmungen im Abkommen von Dayton wurden nicht umgesetzt. Besonders die Minderheit der katholischen Kroaten waren die Leidtragenden.
Diese Unsicherheit ist bis heute spürbar. Viele Menschen verlassen das Land. Sie machen sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder. Dazu tragen auch die negativen Botschaften in unseren Medien bei. Sie werden genutzt, um die Atmosphäre weiter zu verschlechtern.
Ja. Das schlimmste ist, dass es keine Gleichberechtigung für Katholiken gibt – vor allem dort, wo sie in der Minderheit sind. Diese fehlende Gleichberechtigung äußert sich politisch, administrativ und vor allem, wenn es um die Arbeitsplätze geht.
Es stellt sich die ernste Frage nach der Zukunft der katholischen Kirche in Bosnien und Herzegowina. Denn wenn die Kroaten nicht mehr da sind, wird es auch keine Katholiken mehr geben – denn die meisten Kroaten sind Katholiken. Auch deshalb ist es wichtig, endlich eine Gleichberechtigung zu schaffen.
Sehen Sie auch positive Signale?Als katholische Kirche in Bosnien und Herzegowina versuchen wir Normalität zu leben. So wollen wir den Menschen Selbstbewusstsein und Hoffnung für die Zukunft vermitteln.
Das geschieht über die pastorale und karitative Arbeit sowie die Schulbildung. Wir müssen hier das „Salz der Erde“ sein – das heißt für die Hoffnung, für Menschenwürde und -rechte einstehen.
Worin sehen Sie den Beitrag der Christen in Bosnien und Herzegowina, um die Kriegsfolgen zu bewältigen?Es geht darum, die Wunden dadurch zu heilen, dass man sich untereinander verzeiht und sich mit Freude der Liebe Gottes anvertraut. Ein wichtiger Stützpunkt sind die Sonntagsgottesdienste und die Wallfahrten, an denen sehr viele Gläubige teilnehmen.
Wir haben zum 100. Jubiläum der Marienerscheinungen in Fatima jede Pfarrei und unser gesamtes Erzbistum der Muttergottes geweiht. Es ist eine große Gnade, aus dem Glauben zu leben!
Ein aktuelles zweiteiliges Fernsehinterview zum Thema „Der Heimat beraubt – Katholiken in Bosnien und Herzegowina“ mit dem Bischof von Banja Luka, Franjo Komarica, und dem Journalisten und Buchautor Winfried Gburek finden Sie in der Mediathek von KIRCHE IN NOT!
KIRCHE IN NOT steht seit über zehn Jahren den Katholiken Bosniens und Herzegowinas bei.
Die Hilfe umfasst vor allem den Wiederaufbau kriegszerstörter Kirchen, Klöster, Priesterseminare und theologischer Fakultäten. Darüber hinaus unterstützt KIRCHE IN NOT auch die Anschaffung von Fahrzeugen für die Seelsorge, den Aufbau von Pastoralzentren und die Ausbildung von Priestern und Ordensleuten.
Um weiter helfen zu können, bittet KIRCHE IN NOT um Spenden
„Die Zentralafrikanische Republik ist ein gescheiterter Staat – ohne Armee, Polizei und Rechtssystem“. Dieses Fazit zog Bischof Juan José Aguirre bei einem Vortrag im Rahmen der 37. Ordentlichen Sitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen Anfang März in Genf. KIRCHE IN NOT hatte den Redeauftritt organisiert.
Der gebürtige Spanier Aguirre leitet seit 17 Jahren die Diözese Bangassou im Süden der Zentralafrikanischen Republik, an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo. Dort leben besonders viele Christen – insgesamt machen sie 50 Prozent der Einwohner der Zentralafrikanischen Republik aus.
Seit 2013 wird das Land von einem Krieg zwischen Regierungstruppen und den islamistischen Séléka-Rebellen und weiteren Gruppen erschüttert. Auch seine Bischofsstadt Bangassou werde seit Monaten von Rebellen angegriffen, berichtete Aguirre.
Eine militärische Reaktion des Staates sei jedoch bislang ausgeblieben. „Ganze Stadtviertel wurden von islamistischen Söldnern niedergebrannt. Beinahe eine Million Vertriebene halten sich in der Demokratischen Republik Kongo auf“, berichtete Aguirre, der dem Orden der Comboni-Missionare angehört und seit 38 Jahren in der Zentralafrikanischen Republik tätig ist.
„Das Bildungssystem funktioniert seit Jahren nicht mehr. Medizinische Versorgung gibt es nicht“, sagte der Bischof. So sei ein Operationssaal in einer Missionsstation im Norden seiner Diözese bis auf die Grundmauern zerstört worden.
Die Kindersterblichkeit habe erheblich zugenommen. In dem von den Vereinten Nationen herausgegebenen „Index der menschlichen Entwicklung“ belegt die Zentralafrikanische Republik den letzten Platz. Auch hinsichtlich der Wirtschaftskraft gilt sie als eines der ärmsten Länder der Welt.
Daher sei es falsch, wenn der seit fünf Jahren andauernde Krieg als „eine religiöse Krise verkauft“ werde, so Aguirre. Vielmehr sei er das Ergebnis eines „ökonomischen Problems, das allerdings religiöse Auswirkungen hat“.
Dabei sei das Land reich an Bodenschätzen wie Gold, Diamanten, Uran und Erdöl. Auch der Handel mit Holz und die Bewirtschaftung von Viehweiden sei Ursache vieler Konflikte. Der Bischof sieht eine „große Manipulation in der Berichterstattung“, hinter der er Interessensgruppen vermutet, die diese Krise ausnutzten.
Alle Medienschaffenden rief er dazu auf, über den „vergessenen Krieg im Herzen Afrikas“ zu informieren: „Nehmt Anteil an diesem vergessenen Krieg!“ Von der Weltgemeinschaft fordert Aguirre, gegen den Waffenhandel vorzugehen.
Außerdem sei es nötig, „mehr Kontrolle und Sicherheit an den Grenzen“ der Zentralafrikanischen Republik zu gewährleisten. Diese würden zurzeit „von allen möglichen Verbrechern und Söldnern überschritten, die das Land ausplündern, zerstören und verwüsten“, so der Bischof.
Davon seien Christen wie Muslime gleichermaßen betroffen. Deshalb macht es Aguirre besondere Sorgen, dass sich die Zusammenarbeit der Religionen derzeit in einer schweren Krise befindet.
Viele christliche und muslimische Führungspersönlichkeiten unternähmen große Anstrengungen, aber „der Hass zwischen muslimischen und nichtmuslimischen Gruppen und die Intoleranz auf beiden Seiten steigen“, sagte Aguirre.
Gleichwohl böten die Priester auf dem Gelände seiner Kathedrale in Bangassou hunderten Muslimen Obdach und Versorgung und verhandelten mit den verschiedenen Milizen – auch wenn sie das selbst in Lebensgefahr bringe. „Wir haben denen, die uns angreifen, die Hand gereicht. So muss die Kirche handeln“, erklärte der Bischof.
Oft sei es aber leider gegenwärtig nur der Tod, der Versöhnung schaffe: „Wir mussten unzählige Menschen begraben, die verschiedenen Religionen angehören. Und so waren es die Massengräber, in denen die Menschen endlich wieder in Frieden zusammenkamen.“
Der Gründer von KIRCHE IN NOT, Pater Werenfried van Straaten (1913-2003), hatte in Predigten und auf Kundgebungen stets konsequent gegen die Tötung Ungeborener und für eine lebensbejahende Beratung von Schwangeren plädiert.
„Während in der westlichen Gesellschaft immer mehr eine stillschweigende Toleranz zur Praxis der Schwangerschaftsabbrüche herrscht, sind die orthodoxen Kirchen des Ostens ein Vorbild in der Treue zur Lehre des Evangeliums“, erklärte Fenbert.
Zu beobachten ist dies zum Beispiel in der südrussischen Stadt Stawropol, etwa 500 Kilometer nordöstlich der Olympia-Stadt Sotschi. Dort hat die russisch-orthodoxe Kirche im vergangenen Herbst eine Unterkunft für 42 mittellose Mütter eröffnet. Das Zentrum bietet den Frauen einen geschützten Raum, Unterstützung und Beratung, um Alternativen zur Abtreibung zu eröffnen. Auch nach der Geburt können die Frauen mit ihren Kindern noch in der Unterkunft bleiben, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben.
KIRCHE IN NOT hat den Aufbau dieses Zentrums unterstützt. „Dieses Projekt ist lebenswichtig. Es unterstützt schwangere Frauen, die häufig ohne jede Hilfe dastehen“, erklärte der Russland-Referent von KIRCHE IN NOT, Peter Humeniuk.
Das Hilfswerk unterhält seit über 25 Jahren intensive Beziehungen zur russisch-orthodoxen Kirche. Auf ausdrücklichen Wunsch des heiligen Papstes Johannes Paul II. hat KIRCHE IN NOT auch Projekte der orthodoxen Kirche in das Förderprogramm aufgenommen. So auch das Zentrum für Mütter in Stawropol. Es geht auf eine gemeinsame Initiative von katholischen und russisch-orthodoxen Kirchenvertretern zurück. Gemeinsam hatten sie an einer internationalen Konferenz zum Lebensschutz teilgenommen, zu der das Moskauer Patriarchat eingeladen hatte.
Der damals entstandene ökumenische Aufruf zur „Achtung des unveräußerlichen Rechts auf Leben“ wurde später Teil der gemeinsamen Erklärung von Papst Franziskus und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill bei ihrer ersten Begegnung am 12. Februar 2016 auf Kuba.
Diese Erklärung wurde zur Initialzündung „für weitere konkrete Schritte im Geist der Ökumene“ beim Thema Lebensschutz, erklärt Humeniuk. Dazu traf sich die Delegation in Mailand mit einer katholischen Organisation, die Schwangerschaftsberatung anbietet und bereits rund 20 000 Kindern das Leben gerettet hat.
Schnell sei klar geworden, dass diese Unterstützung für schwangere Frauen in Krisensituation in Russland äußerst notwendig sei: „Bedauerlicherweise ist Abtreibung in Russland weit verbreitet. Das lässt sich bis in die Sowjetzeit zurückverfolgen“, sagte Humeniuk. Durch die demografische Entwicklung würden jetzt viele Menschen in Russland für dieses Thema sensibilisiert.
„Das Zentrum in Stawropol und andere Projekte für Mütter sind ein Beitrag, um Frauen adäquat zu betreuen und so der ,Kultur des Lebensʼ, die der heilige Johannes Paul II. so oft verkündet hat, zum Durchbruch zu verhelfen“, erklärt Karin Maria Fenbert.
Darüber hinaus arbeite das Hilfswerk auch in anderen Bereichen eng mit der russisch-orthodoxen Kirche zusammen, zum Beispiel beim Unterhalt eines Rehabilitationszentrums für Drogenabhängige und vor allem bei der Dokumentation von christlichen Märtyrer-Schicksalen und Kriegsschäden an Kirchen in Syrien. Damit sollen erste Grundlagen für einen Wiederaufbau geschaffen werden.
Diese ökumenische Zusammenarbeit sei nicht nur für KIRCHE IN NOT ein Mut machendes Symbol, so Fenbert: „Das Miteinander von katholischer und russisch-orthodoxer Kirche kann Früchte bringen für die Neuevangelisierung in Europa – und den konsequenten Einsatz für das Leben. Das ist heute dringend notwendiger denn je.“
Um das Zentrum für Mütter in Stawropol und weitere Einrichtungen für das Leben zu fördern und den gemeinsamen Einsatz mit der russisch-orthodoxen Kirche für die verfolgten Christen im Nahen Osten weiter voranzubringen, bittet KIRCHE IN NOT um Spenden
DR. ANDRZEJ HALEMBA: Wir von KIRCHE IN NOT unterhalten sehr gute und enge Kontakte zu zahlreichen Bischöfen in Damaskus. Einer von ihnen ist das Oberhaupt der melkitisch-griechisch-katholischen Kirche, Patriarch Joseph Absi. Caritas Syrien ist vor Ort und hält uns auf dem Laufenden.
Die Menschen in Ost-Ghouta sind eingeschlossen. Das sind einige tausende Personen! Sie haben kaum Zugang zu Lebensmitteln. Sie erhalten keine medizinische Versorgung. Viele Bewohner sind verletzt und brauchen eine Operation. Es gibt keine Fluchtkorridore.
Ein Grund dafür könnte sein, dass die Rebellen die Zivilbevölkerung als „menschliches Schutzschild“ betrachtet. Und die Regierung hat die Befürchtung, dass nicht nur zivile Flüchtlinge nach Damaskus kommen, sondern auch Selbstmordattentäter, die den Terror weiter in die Stadt tragen. Überall herrschen Angst und Schrecken.
Und das alles sozusagen vor der Haustür der syrischen Hauptstadt mit über einer Million Einwohnern …Ost-Ghouta ist nur gut vier Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Von dort aus haben die Rebellentruppen einen Blick auf die Stadt. Unter ihnen befinden sich auch Truppen, die al-Qaida nahestehen. Im Süden von Damaskus halten sich noch immer einige Einheiten des „Islamischen Staates“ auf.
Man darf also nicht nur über das Vorgehen der Regierungstruppen sprechen, man muss auch davon sprechen, dass Islamisten die Hauptstadt ins Visier genommen haben: mit Terroranschlägen im Innern, mit Granatenbeschuss von außen.
Schwer betroffen ist auch das christliche Viertel Bab Tuma, das am östlichen Rand der Altstadt liegt. Die Kriegsparteien wissen: Wann immer Kinder umgebracht, junge Menschen getötet und Familien zerstört und Häuser vernichtet werden, ist das Auge der Öffentlichkeit auf sie gerichtet.
Das kalkulieren sie mit ein. Darum attackieren sie unter anderem auch das christliche Viertel.
Können Sie die Situation dort näher beschreiben?Die Lage ist sehr ernst. Der Beschuss mit Mörsergranaten geht unvermindert weiter. Die Christen haben Todesangst. Ich habe kürzlich mit einer Ordensfrau gesprochen. Sie erzählte mir, dass sie und ihre Mitschwestern nicht einmal mehr das Stadtzentrum verlassen können, um in die Viertel zu gehen, wo sich viele Christen und Flüchtlinge aus Ost-Ghouta aufhalten.
Es ist zu gefährlich. Konvois, die humanitäre Hilfe nach Damaskus bringen sollten, sind gestoppt worden. Es ist eine schreckliche Situation!
Im Krieg stirbt die Wahrheit immer zuerst. Beide Seiten sind im Unrecht. Beide Seiten begehen Verbrechen. Beide Seiten sind schuldig. Beide Seiten haben unzählige Menschen zu Opfern gemacht. In Syrien sind in den jetzt sieben Kriegsjahren über eine Million Menschen getötet oder verwundet worden.
Und diese Wunden betreffen nicht nur den Körper, sondern auch die Seele. So viele Menschen sind traumatisiert. Es wird Jahrzehnte dauern, diese Wunden zu heilen. Und dafür tragen alle Kriegsparteien die Verantwortung!
Kommen wir zur Versorgungslage. Der vereinbarte Waffenstillstand war so brüchig, dass Hilfslieferungen zunächst nicht zur eingekesselten Bevölkerung durchdringen konnten. Anfang der Woche ist das dann doch gelungen. Was wissen Sie darüber?Es war dringend nötig, dass jetzt die Bevölkerung in Ost-Ghouta Lebensmittel und medizinische Hilfe bekommt. Es sollten aber auch die hunderttausenden Vertriebenen nicht vergessen werden, die in Damaskus Zuflucht gefunden haben.
Viele haben einen Angehörigen verloren, viele wurden bei den Angriffen schwer verletzt. Alle haben sie ihre Zukunft verloren.
Deshalb ist es KIRCHE IN NOT ein Anliegen, uns dieser Binnenflüchtlinge anzunehmen. Wir wollen Ihnen seelsorglich wie finanziell beistehen, damit sie zum Beispiel im Krankenhaus versorgt werden können. Wir müssen diesen leidgeprüften Menschen unsere Liebe zeigen!
Welche Art von Hilfe plant KIRCHE IN NOT für Damaskus?Wir sind ja seit langem in der Region aktiv. Insgesamt haben wir seit Kriegsausbruch über 21 Millionen Euro an Nothilfe zur Verfügung gestellt. Wir helfen bereits jetzt christlichen Familien mit Lebensmittelspenden, Kleidung und Medikamenten.
Außerdem versuchen wir, für die traumatisieren Menschen eine seelsorgerische und therapeutische Begleitung auf die Beine zu stellen. Das ist sehr wichtig. Wir fördern die Arbeit der Ordensgemeinschaften – denn die sind wichtige Nothelfer.
Wir suchen nach Unterkunftsmöglichkeiten für Flüchtlingsfamilien. Ein Schwerpunkt in Damaskus ist die Hilfe für Menschen, die einen Angehörigen verloren haben oder die verwundet sind und jetzt eine Operation brauchen.
Auch in einer Stadt wie Damaskus gibt es Gebiete, die schwer zugänglich oder vernachlässigt sind. Um die Menschen dort müssen wir uns kümmern. Wir ermutigen unsere Projektpartner, allen Menschen zu helfen, die zu ihnen kommen.
In vielem ähnelt die Situation jetzt in Ost-Ghouta und Damaskus den Kämpfen um Aleppo im Jahr 2016. Von dort wurde berichtet, dass vielfach die Kirchen die einzigen Anlaufstellen waren für die notleidende Bevölkerung – für Christen, aber auch für viele Muslime. Wie ist das in Damaskus?Als christliches Hilfswerk kümmert sich KIRCHE IN NOT um alle Menschen, die Opfer dieses Krieges sind und Not leiden. Dazu arbeiten wir in Damaskus auch eng mit anderen Organisationen zusammen. Wir können also auf bestehende Netzwerke aufbauen.
Unsere Hilfe schließt niemanden aus. Das gilt natürlich auch für einzelne Muslime, die ja genauso unter dem Krieg leiden wie die Christen. Christliche Nächstenliebe kennt keine Grenzen und fragt nicht nach der Religion. Im Gesicht jedes leidenden Menschen ist das Antlitz Jesu Christi zu erkennen.
Und dieses zerschundene Antlitz blickt uns in den Menschen in Ost-Ghouta und Damaskus an – und fragt nach unserer Antwort auf dieses unsägliche Leid!
Um der notleidenden Bevölkerung in Damaskus helfen zu können, bittet KIRCHE IN NOT um Spenden
VERONIQUE VOGEL: Sie ist besorgniserregend. 2017 haben sich die antichristlichen Attacken im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt. 740 Vorfälle wurden gezählt, die meisten davon in Nordindien.
Nicht nur die Zahl der Übergriffe auf Christen ist gestiegen, auch die Art der Attacken hat sich verändert: Sie sind noch hasserfüllter geworden. Einige Beispiele: Früher gab es immer wieder verbale Angriffe und Drohungen gegen katholische Schulen.
In jüngster Zeit kommt es wiederholt zu Angriffen, etwa im nordindischen Bundesstaat Madhya Pradesh: Extremistische Gruppen dringen in die Schulen ein, stören den Unterricht, versetzen die Schüler in Todesangst und versuchen den Schulleitern und Lehrern ihre nationalistische Haltung aufzuzwingen.
Ein Priester wurde auf offener Straße angegriffen und festgenommen – dabei war er nur auf dem Weg zu einer Adventsfeier von Gemeindemitgliedern. Ähnlich wie in Pakistan gibt es auch in Indien die Tendenz, einzelne Christen wegen Gotteslästerung anzuklagen.
Was ist der Hintergrund dieser steigenden Attacken?Christen werden als Gefahr für die nationale Einheit Indiens gesehen. Diese Tendenz hat seit der Parlamentswahl 2014 zugenommen. Die hindu-nationalistische Partei BJP wurde dabei stärkste Kraft. Heute regiert sie nicht nur auf Bundesebene, sondern in 19 von 29 Bundesstaaten. Das Christentum gilt den Nationalisten als „unindisch“ und aufgrund seiner internationalen Vernetzung als gefährlich.
Vor allem katholische Medien, aber auch andere Quellen berichten, dass die Zahl der Angriffe auf Christen gestiegen ist und das Vorgehen immer härter wird. Die Indische Bischofskonferenz hat sich in ihrer jüngsten Sitzung im Februar mit der neuen Gewaltwelle beschäftigt.
In einer Erklärung fordern die Bischöfe die Politik auf, die Gläubigen als vollwertige Inder zu behandeln. Das Argument, die Christen seien gegen die nationale Einheit, sei falsch.
Wie verhält sich die Gesellschaft angesichts der Übergriffe?84 Prozent der Inder sind Hindus. Abgesehen von den Extremisten, die die verschiedenen Religionen gegeneinander aufwiegeln wollen, ist die Mehrheit der Hindus sehr gastfreundlich, pazifistisch und tolerant gegenüber religiöser Vielfalt.
Der Hinduismus ist eine sehr individualistische Religion. Deshalb interessieren sich viele Hindus dafür, wie die Christen organisiert sind – auch im Blick auf die kleinen Gemeinschaften, die sich regelmäßig zum Gebet treffen.
Viele Hindus empfinden diese Form als eine Bereicherung, auch im Blick auf ihre eigene Spiritualität. Die Mehrheit der Hindus ist also durchaus bereit, den Christen einen Platz in der Gesellschaft einzuräumen. Auch wenn es derzeit immer schwieriger wird, in Indien Christ zu sein …
Von den insgesamt über 5000 geförderten Projekten bei KIRCHE IN NOT im Jahr 2017 nimmt Indien mit 584 Projekten den größten Länderanteil ein. Abgesehen davon, dass Indien die zweitgrößte Nation der Welt ist – was ist der Grund dafür?Papst Franziskus hat zu Recht gesagt: Die Kirche der Zukunft wird die Kirche Asiens sein. Indiens Christen spielen dabei eine wichtige Rolle – auch durch ihre große Treue zum Evangelium trotz Verfolgung und ihr soziales Engagement.
KIRCHE IN NOT steht in engem Kontakt mit Indiens Bischöfen, um ihnen bei ihrer pastoralen Arbeit zu helfen. Wir fördern die Ausbildung und den Lebensunterhalt von Priestern und Ordensleuten oder die Schulung von Katecheten, die oft die ersten Ansprechpartner in den Dörfern sind.
Auch der Bau von Kirchen ist uns sehr wichtig. Sie sind Bezugspunkte für die Gläubigen, die zum Teil weite Wege zum Gottesdienst auf sich nehmen.
Und wir unterstützen die „Kleinen christlichen Gemeinschaften“, die für Indiens Kirche sehr wichtig sind. In diesen Gemeinschaften teilen die Christen nicht nur ihren Glauben, sie stärken und unterstützen sich auch in ihrem schwierigen Alltag. Die Begegnung mit dem Christentum krempelt das Leben der Menschen in einer sehr starren Kastengesellschaft von Grund auf um – und das macht die Frohe Botschaft für viele Inder anziehend!
Um die christliche Minderheit Indiens weiterhin unterstützen zu können, bittet KIRCHE IN NOT um Spenden
JOHANNES KLAUSA: Der Olympische Geist hat des gespaltene Korea für einen kurzen Moment ein Stück weit zusammengeführt. Sportler aus Nord und Süd liefen unter gemeinsamer Flagge ins Stadion ein.
Es gab sogar eine kurzfristig zusammengestellte gemeinsame Eishockeymannschaft der Damen. Mit 28 Gegentreffern in fünf Spielen hat sie zwar sportlich wenig geglänzt, aber dennoch die internationalen Schlagzeilen erobert. Wenige Monate zuvor hätte man aus Nordkorea eher Raketen als Sportler erwartet.
Das bleibt abzuwarten. Immerhin kam es während der Eröffnungsfeier nicht nur zum vielbeachteten Händedruck zwischen dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in mit der Schwester des nordkoreanischen Diktators, Kim Yo-jong, sondern auch zur Begegnung des Präsidenten mit dem protokollarischen Staatsoberhaupt Nordkoreas, Kim Yong-nam.
Das geschah alles unter den skeptischen Blicken des US-Vizepräsidenten Mike Pence, der solchen versöhnlichen Gesten tunlichst aus dem Weg ging. Das nährt die Sorge, dass die zarte Annäherung durch die US-Regierung wieder zunichtegemacht wird.
Das klingt sehr pessimistisch. Wie hoch schätzen Sie die Gefahr weiterer Raketentests und angedrohter Gegenreaktionen ein?Es ist leider nicht auszuschließen, dass es mit dem kurzen Intermezzo einer innerkoreanischen Olympia-Romanze sehr schnell wieder vorbei sein könnte. Es ist fraglich, ob es zu einem politischen Dialog oder gar direkten Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea kommen kann.
Die Argumente der Befürworter eines harten Kurses gegenüber dem Norden sind leider nicht von der Hand zu weisen. Dennoch führt meines Erachtens kein Weg am Dialog vorbei, wenn man zu einer echten Veränderung der Lage kommen will. Dazu würde dann auch die Unterzeichnung eines Friedensvertrags gehören, der den Koreakrieg nach 65 Jahren endlich beendet. Denn bisher gibt es ja nur einen Waffenstillstand.
Eine militärische Lösung kann und darf keine ernstgemeinte Option sein. Immense Opferzahlen in Süd- wie Nordkorea wären die Folge.
Ich hoffe, dass zumindest die innerkoreanischen Gesprächskanäle offen bleiben, wenn nach den Paralympics das Olympische Feuer erlischt. Dann hätten die Spiele tatsächlich einen Ausweg aus der festgefahrenen Situation eröffnet.
Dass das nordkoreanische Regime Anfang der 1950er-Jahre fürchterliche Verbrechen an Christen begangen hat, ist hinreichend belegt. Bekannt sind auch die herzzerreißenden Geschichten von christlichen Nordkoreaflüchtlingen aus jüngerer Zeit.
Was ganz aktuell in Nordkorea vor sich geht, wage ich nicht zu beurteilen. Ich gehe jedoch stark davon aus, dass die seit nunmehr drei Generationen verordnete Staatsideologie und Propaganda den christlichen Glauben weitgehend verdrängt hat. Möglicherweise ist im Geheimen, im engsten Familienkreis, ein Flämmchen des Glaubens weitergereicht worden und hat überlebt.
Nordkorea-Besuchern werden mitunter aber auch Kirchen gezeigt, in denen sogar Gottesdienste gefeiert werden …Pjöngjang wurde einst das „Jerusalem des Ostens“ genannt. Heute gibt es dort nur noch vier offizielle Kirchen, deren Leiter und Besucher sich zuallererst tagtäglich als treue Bürger und Patrioten beweisen müssen. Natürlich können wir nicht in ihre Herzen sehen. Wie könnten wir uns anmaßen, über ihren Glauben zu urteilen?
Einige Mitglieder der offiziellen christlichen Gemeinden in Pjöngjang wurden meines Wissens bereits vor der Teilung Koreas 1945 getauft.
Es war für mich jedes Mal sehr emotional. Ich hatte die Gelegenheit, den selben Ort von „beiden Seiten“ zu besuchen, einmal geführt von einem süd- und das andere Mal von einem nordkoreanischen Soldaten. Es sind sehr sympathische Männer, die sich in vielen Punkten sehr ähnlich waren – bis auf die Uniform.
Die jungen Soldaten, die sich da Tag für Tag an der Grenze gegenüberstehen, sind im Grunde genommen Brüder, die sich nicht mehr kennen und die trainiert wurden, einander zu hassen. Bei meinen Besuchen im Grenzgebiet wird mir das immer wieder schmerzlich bewusst.
Seit Ende 2015 ist KIRCHE IN NOT mit einem Büro in Korea präsent. Wie kommt die Arbeit des Hilfswerks im Land an?Unsere Niederlassung ist sehr jung, aber die Verbindung unseres Hilfswerks zu Korea reicht bis Anfang der 1960er-Jahre zurück.
Der Gründer von KIRCHE IN NOT, Pater Werenfried van Straaten, hat Südkorea mehrmals besucht, als es nach dem Krieg in Trümmern lag. Er sammelte in Europa Spenden, die dem Land und der Kirche hier halfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Daran versuche ich die Koreaner zu erinnern. Sie kennen die Erfahrung von Armut, Krieg und Verfolgung aus ihrer Geschichte und können sich deshalb mit der leidenden Kirche der Gegenwart sehr gut identifizieren. Außerdem sind sie zu Recht stolz auf die Entwicklung ihres Landes und darauf, dass sie den Sprung vom Hilfe-Empfänger zum Wohltäter geschafft haben.
Wo setzen Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?Im vergangenen Jahr habe ich meine persönlichen Eindrücke der Projekte von KIRCHE IN NOT im Irak, Libanon, in Pakistan und Nigeria in den Vordergrund gestellt. Diese Länder, aber natürlich auch die unerträgliche Situation in Syrien, thematisieren wir hier sehr stark.
In dieser Fastenzeit blicken wir besonders nach Indien. Papst Franziskus hat den Gläubigen Koreas aufgetragen, sich insbesondere der Glaubensgeschwister in Asien anzunehmen.
Bei seinem Besuch im Jahr 2014 sagte er: „Genauso wie der Herr seine Herrlichkeit im heroischen Zeugnis der Märtyrer aufleuchten ließ, möchte er seine Herrlichkeit auch in eurem Leben und durch euch aufscheinen lassen, um das Leben dieses weiten Kontinents hell zu machen.“
Bei der Erfüllung dieses päpstlichen Auftrags mitzuwirken, dazu tritt KIRCHE IN NOT in Korea an.
Der Grund: Viele Bewohner Mossuls hätten drei Jahre lange mit dem IS kollaboriert, vor allem die sunnitischen Muslime – denn auch der IS setzt sich aus Sunniten zusammen. „Die Befreiung Mossuls geschah durch die irakische Armee, die wiederum von zahlreichen schiitischen Muslimen aus dem Iran unterstützt wird.“
Die Rivalität der beiden islamischen Glaubensrichtungen führe immer wieder zu Gewalt. „In Mossul begegnen die Menschen einander mit großem Misstrauen. Sie sehen sich nicht als Verbündete.“ Und zwischen allen Stühlen: die Christen.
„Der Islamische Staat wird immer im Irak bleiben.“ Diese Worte, von unbekannter Hand auf eine Mauer gesprüht, stechen Nadia sofort ins Auge, als sie zum ersten Mal nach der Rückkehr die Klosteranlage St. Georg (Mar Gurguis) betrachtet – oder was davon noch übrig ist. Es wurde von den islamistischen Truppen schwer zerstört.
Einst war die Klosteranlage aus dem 17. Jahrhundert ein geistliches Zentrum für die Christen der Stadt. „Immer im Sommer und im Herbst fanden hier große Treffen statt“, erinnert sich Nadia. „Wir durften im Kloster übernachten und es gab neben den Gottesdiensten auch viele weitere Angebote. Ich denke voller Freude an diese sorglose Zeit zurück.“
Auch Nadias Bekannter Yohanna Youssef Towaya, der sie heute begleitet, teilt ihre positiven Erinnerungen: „Einst konnten sich die Christen frei in diesem Kloster versammeln. Dieser Ort war Teil unserer Identität“. Yohanna arbeitete als Professor an der Universität von Mossul, später in Karakosch.
Schweigend sehen er und Nadia sich die zusammengeschossene Kuppel von St. Georg an. Sie gehen durch die Gänge des Klosters, welche die einstige Pracht nur noch erahnen lassen. Marmorplatten sind von Wänden, Boden und Bögen gerissen.
Selbst vor dem Altar der Kirche machten die IS-Kämpfer nicht Halt: Er wurde dem Erdboden gleichgemacht. Auch Gräber und Grabsteine wurden verwüstet. In einer Nische steht eine Heiligenstatue: Sie ist enthauptet. Auf einer anderen Wand des Gotteshauses ist ein Pfeil aufgemalt. Er zeigt Richtung Mekka, diente so den Islamisten zur Orientierung für ihre Gebete. Nahe beim Eingang finden Nadia und Yohanna verwitterte Gebetbücher. Yohanna schlägt auf und rezitiert ein bekanntes Morgengebet der chaldäisch-katholischen Kirche:
„Unser Herr und Gott, wir bitten dich um Erlösung der Unterdrückten, Befreiung der Gefangenen, Genesung der Verwundeten … Rückkehr der weit Entfernten, … Hilfe für die Bedürftigen. Handle in Deiner Güte und Barmherzigkeit jetzt und allezeit und in Ewigkeit.“ „Amen“, flüstert Nadia in dem leeren Kloster, in dem drei Jahre lang kein Gebet mehr zu hören war.
Endlich wieder Weihnachten in der Heimat feiern: Der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako zelebrierte an den Weihnachtstagen die erste heilige Messe in Mossul seit 2014, als der IS die Stadt erobert hatte.
Weihnachten 2017: Der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako zelebrierte an den Weihnachtstagen die erste heilige Messe in Mossul seit 2014, als der IS die Stadt erobert hatte. Ob in der Kirche jemals wieder die Liturgie der Mönche gefeiert wird, ist unsicher: „Die Mönche haben Zuflucht in Alkosch in der Ninive-Ebene gefunden. Dort hat der Überlieferung nach der alttestamentliche Prophet Nahum seine Weissagungen zur Zerstörung der Stadt Ninive niedergeschrieben.“
Durch das zerstörte Mossul geht es weiter zu Nadias Elternhaus. Sie schluckt, als sie den Vorgarten betritt. Die Bäume sind verkümmert, die Rosensträucher eingegangen. Sie habe ihr Haus nicht mehr wiedererkannt, als sie es im Sommer 2017 mit ihrer Mutter zum ersten Mal wieder in Augenschein nahm, erzählt Nadia.
„Unser Hab und Gut lag überall herum. Alles war voller Staub. Die Fenster eingedrückt. Ein wunderschönes Gemälde mit Maria, Josef und dem Jesuskind, das im Wohnzimmer hing, lag zerstört im Dreck.“
Nadia ist das Haus zu groß – und es hängen zu viele schmerzliche Erinnerungen daran. So hat sie es vermietet, an eine muslimische Familie mit drei Kindern. Im Kleinen funktioniert das Zusammenleben der Religionen.
So auch in der Heilig-Geist-Kirche, der nächsten Etappe von Nadia und Yohanna. Das Gotteshaus, das in seiner markanten Form an die Arche Noah erinnert, ist zur Zufluchtsstätte für vier Familien aus Zumar im Nordirak geworden. Auch dort gab es schwere Kämpfe mit dem IS.
So haben die Bewohner aus dem zerstörten Zumar eine vorläufige Bleibe gefunden im noch mehr zerstörten Mossul. „Wegen des Krieges konnten unsere Kinder drei Jahre lang nicht zur Schule gehen“, erzählt der 36-jährige Muslim Khalil Hasan Mahammad. Derweil toben seine Kinder durch das Kirchenschiff. Jede Familie bewohnt einen Raum in der Kirche und dem anliegenden Gebäude. Wie lange die Notlösung noch andauert, weiß keiner.
„Der Krieg mit dem IS ist zwar vorbei“, erzählt Khalil, „aber jetzt haben die Kurden unser Dorf erobert und uns noch nicht erlaubt, zurückzukehren.“ So versucht sich der Familienvater zwischenzeitlich in Mossul nützlich zu machen und ein wenig Geld zu verdienen. „Ich habe zwar ein gelähmtes Bein, aber ich helfe gern mit beim Wiederaufbau zerstörter Häuser“, sagt Khalil. In der Tat: Überall sind Aufräumarbeiten im Gange.
Anders in Mor Afraim, der Pfarrkirche von Nadia. „Ich kann nicht glauben, was der IS meiner Kirche angetan hat“, flüstert sie, während sie das Gotteshaus betritt. Es hat ein ähnliches Schicksal erlitten wie das Kloster St. Georg.
Die Kirche ist ausgeraubt, beschädigt und mit Koranversen und Schmähungen beschmiert. „Hier saß ich mitten unter meinen Freunden, als die heilige Messe gefeiert wurde. In den Räumen nebenan haben wir uns nach dem Gottesdienst getroffen. Ich bin tieftraurig, wenn ich daran zurückdenke.“
Letztlich, so erzählt Nadia, habe bereits ab der Jahrtausendwende eine Entwicklung begonnen, die dann 2014 in die Katastrophe führte: „Viele Muslime haben sich radikalisiert. Ab 2008 wurden immer mehr Christen bedroht, entführt oder getötet.
Auch ich habe einen Brief erhalten, in dem es hieß, ich müsse die sogenannte ,Kopfsteuerʼ an die Islamisten zahlen, sonst würde ich später mit meinem Leben bezahlen.“
Ein bekannter Priester aus ihrer Umgebung sei entführt und regelrecht abgeschlachtet worden. Nicht umsonst haben die Vereinten Nationen und die Europäische Union von Völkermord an den irakischen Christen gesprochen.
Das Leid ist noch nicht zu Ende. „Der Wiederaufbau unserer Kirche wird viel Geld und Energie kosten“, sagt Nadia. „Und vor allem: Für wen bauen wir sie wieder auf? Viele Christen sind ins Ausland gegangen, andere zögern mit der Rückkehr.“
Nach Aussage des chaldäisch-katholischen Patriarchen Louis Raphael Sako sind erst 60 christliche Familien nach Mossul zurückgekommen. Positiver ist die Lage in den christlichen Ortschaften der Ninive-Ebene, die schon länger befreit sind: Dort sind bereits über ein Drittel der Bewohner zurück, rund 31 000 Menschen.
KIRCHE IN NOT organisiert und unterstützt zusammen mit den örtlichen Kirchen den Wiederaufbau. Ein Schritt, der jetzt auch in Mossul ansteht.
Denn Glaube und Hoffnung haben auch in Trümmern überlebt. Nadia zeigt in der Pfarrkirche nach oben: „Die Kuppel mit dem großen Bild Christi hat die Angriffe des IS relativ gut überstanden. Jesus in dieser zerstörten Kirche über mir zu sehen, erfüllt mich mit großer Freude.“
Von Jaco Klamer und Tobias Lehner
Um den Wiederaufbau von Kirchen, Häusern, christlichen Ortschaften im Irak weiter voranzubringen und die Versorgung der Vertriebenen aufrechterhalten zu können, bittet KIRCHE IN NOT um Spenden
Als Leiter des katholischen Multimedia-Zentrums hat er gerade ein Buch „Tragödie und Feuerprobe der Priester in Mexiko“ veröffentlicht. Darin werden über 60 Schicksale von getöteten Priestern, einem Diakon, Ordensleuten und Laien geschildert, die zwischen 1990 und 2017 Anschlägen zum Opfer fielen.
Darunter auch Juan Jesús Kardinal Posadas Ocampo, der 1993 zusammen mit sechs weiteren Personen bei einer Schießerei am Flughafen seiner Bischofsstadt Guadalajara starb. Der Attentäter wurde festgenommen und verurteilt.
Die eigentlichen Auftraggeber blieben jedoch im Dunkeln. Im Verdacht stand eines der größten Drogenkartelle des Landes. Ocampo hatte sich wiederholt gegen die organisierte Kriminalität und Drogenhandel ausgesprochen.
Aguilar zufolge stehen die Drogenkartelle hinter den meisten Mordfällen. „Einen Priester zu töten, statuiert ein Exempel. Es stellt eine Machtdemonstration der Verbrechergruppen dar.“ Dabei gingen die Banden nach einer perfiden Methode vor, „die von Verleumdung zu Erpressung, von Entführung zu Folter, von Menschenraub zu Ermordung reicht.“
In vielen Fällen würden Morde an Geistlichen im Nachhinein „gerechtfertigt“ und Gerüchte über Medien gestreut, so Aguilar: „Gelegentlich beschuldigen sie die Opfer als Alkoholiker oder sogar Kinderschänder.“
Oft mache sich auch der Staat diese Argumentation zu eigen. Die organisierte Kriminalität sei noch mächtiger geworden, seit sie mit Richtern, Politikern, Polizei und Sicherheitskreisen Bündnisse eingegangen ist, zeigt sich Aguilar überzeugt. „Sie verursacht eine Fäulnis quer durch die Gesellschaft.“
Priester und kirchliche Mitarbeiter seien Zielscheibe einer „regelrechten Religionsverfolgung“. Sie gelten neben Journalisten als Meinungsführer, die sich dem Treiben der kriminellen Banden entgegensetzen.
Aber die Bandenbrutalität träfe nicht nur einzelne Personen, sondern auch ganze Pfarrgemeinden: Es sei bereits vorgekommen, dass Christen unter dem Druck der Banden in andere Regionen gezogen seien und sich dadurch ganze Gemeinden aufgelöst hätten, so Aguilar.
Er zieht den Schluss: „In Mexiko ist die Religionsfreiheit ausgehöhlt“ – und das in einem Land, in dem fast 80 Prozent der Einwohner Katholiken sind.
Die Bischofskonferenz hat deshalb einen Aufruf an die mexikanischen Bundes- und die Regionalregierungen gerichtet, „damit garantiert wird, dass die Seelsorge auch dort ausgeübt werden kann, in denen die Gewalt unkontrolliert weiter wächst“, so Aguilar. „Wir können angesichts des Blutvergießens tausender Mexikaner nicht weiter schweigen!“
KIRCHE IN NOT steht den lebendigen, aber armen katholischen Gemeinden Mexikos zur Seite.
Unser Hilfswerk fördert die Arbeit der Klöster, unterstützt mit Mess-Stipendien den Lebensunterhalt der Priester und die Ausbildung von Seminaristen und stellt Fahrzeuge für die Seelsorge in entlegenen Gebieten zur Verfügung.Außerdem unterhält KIRCHE IN NOT ein eigenes Länderbüro in Mexiko-Stadt.
Um weiterhin helfen zu können, bittet KIRCHE IN NOT um Spenden
Seither versuchen Streitkräfte der Regierung, die besetzen Zonen zurückzugewinnen. Leidtragende ist die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten der Frontlinie. Durch die Kämpfe schwer in Mitleidenschaft gezogen ist auch das christliche Viertel von Damaskus.
Es liegt ebenfalls im Osten der Hauptstadt. In den vergangenen zweieinhalb Wochen seien dort und in den angrenzenden Stadtteilen über 200 Granaten niedergegangen, berichtet „Caritas International“. Über 28 Menschen seien getötet und über 90 verletzt worden, so der Bericht.
Nach bislang unbestätigten Quellen sollen allein am 21. Februar 51 Mörsergranaten auf das Viertel Bab Touma und die nähere Umgebung abgefeuert worden sein. Das Viertel wird fast ausschließlich von Christen bewohnt. Zwölf Tote und mehr als 42 schwerverletzte Personen seien die traurige Bilanz.
KIRCHE IN NOT steht in Damaskus in engem Kontakt mit Schwester Annie Demerjian, die der „Kongregation von Jesus und Maria“ angehört. Die Ordensfrau leitet zahlreiche pastorale und Nothilfeprojekte. Sie berichtete, dass bei dem jüngsten Angriff mehrere Granaten in unmittelbarer Nähe ihres Klosters eingeschlagen seien. In dem Gebäude leben auch einige Universitätsstudenten. „Es war das reinste Inferno. Es regnete Granaten“, sagte Schwester Annie.
Dass sie und ihre Mitschwestern überlebten, sei allein der Tatsache zu verdanken, dass die niedergegangenen Granaten nicht detoniert seien. „Der Herr war gut zu uns. Bis jetzt ist niemand verletzt worden; viele andere Menschen aber haben unsäglich gelitten.“
Der Bericht von „Caritas International“ benennt die Auswirkungen für die Bevölkerung: „Straßen und Plätze sind menschenleer. Die Menschen im östlichen Teil der Stadt können ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken. Sie bewegen sich nur noch sehr vorsichtig, wenn sie nach draußen müssen.“
Die neue Eskalation der Gewalt sei ein schwerer Rückschlag, so der Bericht: „In den letzten Monaten waren die Menschen noch optimistisch und dachten, das Ende des Krieges sei gekommen. Nun scheint es, als finge alles wieder von vorne an.“
Es sei ungewiss, wie lange die Gewalt noch andauere, stellt auch Schwester Annie gegenüber KIRCHE IN NOT fest. Gleichwohl ist sie entschlossen: „Wir müssen weitermachen. Das Leben ist stärker als der Tod. Bitte betet für uns.“
Seit Ausbruch des Krieges ist Syrien eines der Schwerpunktländer der Arbeit von KIRCHE IN NOT. In den vergangenen sieben Jahren hat das Hilfswerk über 21 Millionen Euro an Nothilfe für die christliche Minderheit geleistet.
Neben Lebensmittelhilfen, Kleidungs- und Medikamentenspenden finanziert das Hilfswerk auch Mietbeihilfen, Stipendien und Ausbildungsprogramme sowie Projekte zur Stromversorgung. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der seelsorgerischen Arbeit für die traumatisierte Bevölkerung.
Um weiterhin helfen zu können, bittet KIRCHE IN NOT um Spenden.
An der Kundgebung in Rom haben auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sowie der Präsident des Europaparlaments, Antonio Tajani, teilgenommen.
Auch der EU-Sondergesandte für Religionsfreiheit, der Slowake Ján Figel, drückte in einer Grußbotschaft seine Unterstützung aus: „Durch Initiativen wie die Beleuchtung des Kolosseums gelingt es, die Herzen der Menschen zu öffnen, Interesse für das Thema Religionsfreiheit zu wecken und mehr Solidarität mit den Verfolgten zu zeigen.“
Was das Ausmaß der Verstöße gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit weltweit angeht, sei der gegenwärtige Zustand „alarmierend“, erklärt Figel: „75 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Ländern, in denen schwere oder schwerste Verletzungen dieses Grundrechts vorkommen. Und diese Tendenz wird immer schlimmer.“
Medien und Politik würden dem Thema oft nicht genügend Aufmerksamkeit widmen: „Dieses Schweigen und diese Gleichgültigkeit helfen jenen, die solche Verbrechen begehen und fügen den Opfern noch mehr Schaden zu“, schreibt Figel.
Dem stimmt Paul Bhatti zu: „Wir dürfen angesichts dieser mutigen Personen nicht im Schweigen verharren.“ Er ist der Bruder von Shahbaz Bhatti, der in Pakistan als erster Christ das Amt des Ministers für Minderheiten bekleidete. Wegen seines Einsatzes gegen das strikte pakistanische Blasphemie-Gesetz, das faktisch jede Kritik am Islam verbietet, wurde Bhatti im März 2011 ermordet. Sein Gesicht wurde neben den Konterfeis weiterer Opfer von Christenverfolgung an die Fassade des Kolosseums projiziert. „Mein Bruder gab sein Leben nicht nur für die Rechte von Christen, sondern für die von allen Minderheiten“, sagte Paul Bhatti.
Den Heldenmut dieser aktuellen Märtyrer zu betrachten, sei auch eine Ermutigung für den Glauben in der westlichen Gesellschaft, betont Magdalena Santoro. Auch ihr Bruder, Andrea Santoro, ein Missionar in der Türkei, wurde ermordet: Ein 16-jähriger Muslim erschoss ihn von hinten, als der Priester nach der Feier der heiligen Messe betete.
Während der Kundgebung vor dem Kolosseum wurde auch an Santoros Schicksal erinnert. „Mein Bruder war besorgt wegen der wenigen Christen in der Türkei, die unter einer ernsthaften Einschränkung ihrer Glaubenspraxis leiden“, sagte Magdalena Santoro.
Aber noch mehr Sorgen habe er sich um den Glaubensschwund in der westlichen Gesellschaft gemacht. „Mein Bruder sagte immer, wenn er zu Besuch in Italien war: ,Ihr wisst nicht, was ihr verliertʼ.“
KIRCHE IN NOT setzt sich in über 140 Ländern weltweit für verfolgte und notleidende Christen ein, informiert über die Lage der Religionsfreiheit und ruft zum Gebet für die Verfolgten auf – zum Beispiel mit der Aktion am rot erleuchteten Kolosseum.
In den vergangenen Jahren waren bereits der römische Trevi-Brunnen, die Kirche „Sacre Cœur“ in Paris, die Kathedrale von Manila sowie im Rahmen des „Red Wednesday“ mehrere Wahrzeichen Londons rot beleuchtet worden.
KIRCHE IN NOT bietet ein „Gebet für die verfolgte Kirche“ an. Es eignet sich zum persönlichen wie für das gemeinsame Gebet in der Gemeinde.
Das Gebetsblatt ist zum Preis von zehn Cent (zzgl. Versandkosten) in unserem Bestelldienst erhältlich.