Scheffczyk war auch mit KIRCHE IN NOT eng verbunden. Einige Semester hatte er an der theologischen Hochschule in Königstein im Taunus gelehrt, die als „Vaterhaus der Heimatvertriebenen“ galt und wo sich heute die internationale Zentrale von KIRCHE IN NOT befindet. Mit dessen Gründer Pater Werenfried van Straaten pflegte er eine langjährige Freundschaft.
In Erinnerung an Kardinal Scheffczyk veröffentlichen wir ein Weihnachtsinterview, das er KIRCHE IN NOT Deutschland ein Jahr vor seinem Tod gegeben hat und das auch auf CD erschienen ist. Die Fragen stellt Michael Ragg.
Dabei wurde dem heidnischen Sonnengott die biblische Bezeichnung Jesu Christi als Sonne der Gerechtigkeit entgegengestellt. Dort im Heidentum wurde ein immer wiederkehrendes Naturgeschehen gefeiert, hier im christlichen Bereich eine einmalige geschichtliche Gottestat.
Dabei ist es nicht zu umgehen, dass sich ein solcher Bericht in menschliche Darstellungs- und Ausdrucksformen kleidet, dass er in Form einer anschaulichen Geschichte erzählt und eben als Erzählung dargeboten wird.
Nur erhebt diese Geschichte den Anspruch, nicht eine phantasiereiche Poesie oder Legende zu sein, sondern wirklich Geschehenes wiederzugeben, so dass wir sagen, es ist nicht eine Geschichte, sondern es ist die Geschichte der Geburt des Erlösers, des Christusereignisses, in der schlichten Form einer allgemeinverständlichen gläubigen Erzählung gehalten, die zugleich auch das Glaubensgeheimnis verkünden will.
Bei einer Erzeugung Jesu durch Maria und Josef hätte die Christenheit kaum Grund zur Annahme eines Weihnachtswunders kommen können. Es wäre also als ein ganz natürliches Geschehen angesehen worden, bei dem dann das Neuartige, das Gnadenhafte und Göttliche dieser Gottestat nicht mehr hätte zum Vorschein kommen können.
In der Jungfrauengeburt geschah eben das, was der Evangelist Johannes andeutet: dass nämlich diese Geburt nicht aus dem Blute, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geschah.
Daraus ergeben sich für das Christentum auch praktische Folgerungen, wie etwa die Verpflichtung zur Missionierung und Ausbreitung dieser einzigartigen Botschaft Christi, was dann von den Gegnern des Christentums gleich als Verletzung des Toleranzgedankens angesehen wird.
Aber das Festhalten an der Gottheit Christi und der Einzigartigkeit des Christentums besagt nicht einen Anruf zum Kampf gegen die Religionen und Kulturen, sondern gerade im Namen des Gottes der Liebe und des Friedens einen Appell zum Verstehen der anderen Religionen und ihrer Anhänger.
Das ist die recht verstandene Toleranz, die nicht aus Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit erwächst, sondern aus der Anerkennung der Freiheit des Andersdenkenden. Sie hindert nicht die Verkündigung und Verbreitung der eigenen Wahrheit in der Mission und der Neuevangelisierung.
Sie ist aber zugleich auch eine Einigung des Menschen mit Gott, mit seiner Heiligkeit und mit dem göttlichen Leben der Gnade, für die wir eins werden mit Gott. Heute zeigt man allerdings für den Begriff der Erlösung, vor allem durch das Kreuz, keine große Vorliebe – wegen seiner Nähe zum Opfer und zur Sühne.
Man greift deshalb lieber zu dem Begriff der Befreiung, der sich auch auf die irdischen Nöte und Bedrängnisse des Menschen ausdehnen lässt. Man sagt dann mit Betonung, Gott habe in der Erlösung den Menschen aus gänzlich freier Liebe vom tiefsten Elend befreit.
Aber auch dann muss man erklären, warum die Befreiung gerade auf dem Weg des Kreuzes vor sich ging. Die Weihnachtsberichte deuten an, dass die freiwillige Hingabe an den Vater am Kreuz der Ausdruck der vollkommenen, der selbstlosesten Liebe ist. Eine größere Liebe aber hat niemand, als wer sein Leben hingibt für seine Freunde, erklärt uns der heilige Johannes.
Das Kind in der Krippe ist die Gnade und Gabe Gottes in Person, durch die sich der Mensch unermesslich beschenkt weiß. Dieses Wissen löst im Menschen natürlicherweise einen Impuls aus, von diesem Beschenktsein auch anderen mitzuteilen.
Darum ist der Brauch des Schenkens und Sich-Beschenkens, das sich in neuerer Zeit gebildet hat, durchaus sinnvoll. Dieses Schenken ist ein Reflex unseres Beschenktseins durch Christus. Es ist ein Abglanz des Christuslichtes der Weihnacht. Von diesem Sinn und diesem Geist müsste auch unser Schenken beseelt sein.
In der Angleichung an die Zurückgezogenheit der Heiligen Familie im Stall von Bethlehem und an die Armut Jesu kann ihm das Licht der Weihnacht wie am Gegensatz ebenso hell aufgehen. Und in einer bestimmte Weise wird er im Hinblick auf die Krippe immer auch Gemeinschaft empfinden und Gemeinschaft erleben.
Der Gefahr der Veräußerlichung, der Entleerung des Festes, ist grundsätzlich mit dem aufrichtigen Willen zu begegnen: zurück zum Ursprung, zum wahren Sinn des Weihnachtsfestes in der geistigen Begegnung mit dem Kind von Bethlehem, mit Christus, dem Herrn. Es ist dies eine Begegnung mit dem Licht Christi, das immer auch den Ernst des Opfers für die anderen bei sich hat. Wer das bedenkt, wird der Gefahr der Routine entgehen.
Das Gespräch mit Kardinal Scheffczyk wurde in der von KIRCHE IN NOT produzierten Reihe „Weltkirche aktuell“ auf Radio Horeb ausgestrahlt.
Es kann unentgeltlich auf CD bestellt werden, am einfachsten per E-Mail oder per Nachricht an KIRCHE IN NOT, Lorenzonistraße 62, 81545 München, Telefon: 089 – 6424888-0.
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