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„Die Verteidigung der Religionsfreiheit ist eine Überlebensfrage“

„Die Verteidigung der Religionsfreiheit ist eine Überlebensfrage“

Podium von KIRCHE IN NOT auf dem Katholikentag in Stuttgart

30.05.2022 aktuelles
„Ich weiß, dass viele Verteidigerinnen und Verteidiger der Religions- und Weltanschauungsfreiheit bedroht und angegriffen werden, um ihr Leben und ihre Freiheit fürchten müssen.“ Das stellte der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe (SPD), während eines Podiums auf dem Stuttgarter Katholikentag fest. Veranstaltet wurde es unter dem Titel „Religionsfreiheit weltweit – ein Menschenrecht in Gefahr?“ von KIRCHE IN NOT .

 

Schwabe wies darauf hin, dass viele Konflikte weltweit einen religiösen Hintergrund hätten oder Religion für politische und soziale Zwecke missbraucht würden. Als Beispiele nannte er Nigeria, Indien oder China.

Neben einem Schutzprogramm für Betroffene von religionsfeindlicher Gewalt mache sich die Bundesregierung dafür stark, dass der Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in der Außen- und Entwicklungspolitik stärker berücksichtigt werde.

Frank Schwabe MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, bei seiner Kurzansprache zu Beginn des Podiums.
Schwabes Vorgänger Markus Grübel (CDU) betonte bei derselben Veranstaltung, dass die Religionsfreiheit ein fundamentales Menschenrecht sei. Häufig gehe die Einschränkung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit auch mit Verletzungen anderer Menschenrechte einher.

 

Der Einsatz für Religions- und Weltanschauungsfreiheit sei deswegen von Bedeutung, um den Schutz der Menschenrechte insgesamt zu erhöhen. „Man muss alle Menschenrechte zusammensehen, denn sie bedingen sich gegenseitig“, stellte Grübel klar.

„Menschenrechte bedingen sich gegenseitig”

Vor diesem Hintergrund sei im April 2018 auf Grundlage eines Kabinettsbeschlusses das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit in Ergänzung zur Position der Beauftragten für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe geschaffen worden.

Markus Grübel MdB bei seinem Statement während der Podiumsveranstaltung.
Bis zum Regierungswechsel im Herbst 2021 hatte Grübel dieses Amt inne. Er freue sich, dass auch die neue Regierung das Amt mit Herrn Schwabe wiederbesetzt habe.

 

Grübel ist es wichtig, das Potenzial der Religionen zu beachten, zum Beispiel im Einsatz „für ein friedliches Miteinander, das wir uns immer wieder vor Augen führen müssen“. Dabei spiele der inter-, aber auch der innerreligiöse Dialog eine wesentliche Rolle.

Erzbischof Matthew Man-Oso Ndagoso aus Kaduna (Nigeria) bei seinem Statement über die dramatische Situation der Christen im Norden Nigerias.
Zwei Kirchenvertreter, die sich für Religionsfreiheit einsetzen und notleidenden Christen beistehen, waren auf Einladung von KIRCHE IN NOT zum Katholikentag bekommen: Schwester Annie Demerjian aus Syrien und Erzbischof Matthew Man-Oso Ndagoso aus Kaduna/Nigeria.

 

Der stellvertretende Vorsitzende der nigerianischen Bischofskonferenz wies auf die dramatische Lage in seinem Heimatland hin: „Ursachen sind die von den Terrormilizen ,Boko Haram‘ und ,Islamischer Staat von Westafrika’ ausgelösten Unruhen, Konflikte zwischen Bauern und Nomaden, Bandenkriminalität und Entführungen.“

Nigeria: Brutale Übergriffe auf Christen

In seiner Diözese Kaduna seien seit 2019 sieben Priester verschleppt und zwei von ihnen ermordet worden. Der Erzbischof erinnerte auch an den jüngsten Lynchmord an Deborah Emmanuel aus Sokoto. Die 31-jährige Christin war Mitte Mai wegen angeblich blasphemischer WhatsApp-Nachrichten von Mitstudenten gesteinigt und verbrannt worden.

Die Podiumsgäste besuchten auch den Infostand von KIRCHE IN NOT auf dem Katholikentag (v. l. n. r.): Regina Lynch (Projektdirektorin von KIRCHE IN NOT), Schwester Annie Demerjian aus Syrien, Erzbischof Matthew Man-Oso Ndagoso aus Nigeria, Schwester Helen Haigh (England).
Vor allem im Nordosten Nigerias genieße die christliche Minderheit keine Religionsfreiheit. Es sei unmöglich, neue Kirchen zu bauen. Moscheen hingegen erhielten öffentliche Gelder. Auch gebe es in einigen Regionen keinen christlichen Religionsunterricht, Christen würden in Schulen, medizinischen und sozialen Einrichtungen benachteiligt.

 

„Es wird so getan, als würden die Christen nicht existieren“, stellte Erzbischof Man-Oso Ndagoso fest. Die christliche Bevölkerung müsse „ebenso wie alle anderen religiösen Minderheiten weltweit gerecht behandelt werden, unabhängig von Glaubensrichtung, Stammeszugehörigkeit, politischer Ausrichtung oder sozialem Status.“

Schwester Annie Demerjian berichtete über die aktuelle Lage in Syrien.
Der Erzbischof rief Staaten und Organisationen auf, Druck auf die Regierung in Nigeria auszuüben, damit diese Grundrechte eingehalten werden: „Die Verteidigung der Religionsfreiheit ist für unsere Gesellschaft eine Überlebensfrage!“

 

Vom Überleben nach über zwölf Jahren Krieg berichtete Schwester Annie Demerjian aus Syrien. Die Ordensfrau gehört der Gemeinschaft der „Schwestern Jesu und Mariens“ an, die sich unter anderem in Damaskus und Aleppo um die Überlebenden von Krieg und islamistischen Terror kümmern.

Syrien: „Aktuelle Lage ist fast noch schlimmer als der Krieg”

„Die Nachkriegsrealität ist fast schlimmer als der Krieg selbst“, beschrieb Schwester Annie die aktuelle Lage. Etwa ein Drittel der Christen Syriens habe das Land verlassen. „Die Wirtschaft liegt am Boden, Familien brechen unter dem Druck zusammen, Missbrauch jeglicher Art betrifft Frauen und Kinder, Scheidungen und Selbstmorde nehmen zu.“

Regina Lynch, Projektdirektorin von KIRCHE IN NOT.
Die Mehrheit der Syrer leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Covid-19-Pandemie habe die Lage noch zusätzlich verschlimmert; viele Menschen seien gestorben. Schwester Annie und ihre Mitstreiter versuchten, die schlimmste Not zu lindern: „Die Liebe zum Leben hilft uns weiterzumachen, bis wir aus dem dunklen Tunnel das Licht erreichen.“

 

Über die aktuellen Hilfen von KIRCHE IN NOT für verfolgte und bedrängte Christen weltweit sprach Projektdirektorin Regina Lynch. So setze sich das Hilfswerk für die Stärkung der Rechte von Christen in Pakistan ein oder unterstütze den Wiederaufbau und die Rückkehr von Christen im Nordirak nach dem Sieg über den „Islamischen Staat“.

Spontane Begegnung nach der Veranstaltung von KIRCHE IN NOT: Frank Schwabe, Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, im Gespräch mit Erzbischof Bashar Warda, chaldäischer Erzbischof von Erbil (Irak).
Seit den 1950er-Jahren, noch zu Zeiten des Kommunismus in Europa, stehe KIRCHE IN NOT an der Seite von verfolgten Christen, erklärte Regina Lynch: „Die Länder mögen sich stark verändert haben und vielleicht auch die Motivation für die Unterdrückung. Aber Tatsache bleibt, dass Christen in vielen Teilen der Welt immer noch Diskriminierung oder Verfolgung erleiden, weil sie Christus nachfolgen.“

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