Wenige Tage später wurden die Inhaftierten freigelassen, es wurden aber erneut Christen verhaftet. Der Tur Abdin gilt als frühere christliche Hochburg.
Über die Hintergründe sprach Volker Niggewöhner (KIRCHE IN NOT) mit dem Vorsitzenden der „Initiative Christlicher Orient“ im österreichischen Linz, dem Priester Dr. Slawomir Dadas.
Bei den Verhafteten handelt es sich um den Abt des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Yakub d’Karno und zwei Bürgermeister. Der Abt war vier Tage in Polizeigewahrsam, der eine Bürgermeister wurde nach zwei, der andere nach einem Tag entlassen.
Das wird automatisch als Terror-Unterstützung gewertet, und deshalb wurden sie festgenommen. Die offiziellen Protokolle der Aussage des ehemaligen Kämpfers hat aber niemand zu Gesicht bekommen.
Das deutet auf eine große Nervosität bei den Sicherheitsbehörden hin …
Die Menschen aus Tur Abdin sagen mir: Das ist leider Gottes alle paar Jahre Standard. Die Christen erleben sich in ihrer Heimat als nicht willkommen und werden immer wieder schikaniert.
Dass der Abt jetzt vier Tage inhaftiert war, ist schon extrem. Es wurde auch davon berichtet, dass jetzt ein christliches Ehepaar verhaftet wurde. Es geht vermeintlich um Grundstücksstreitigkeiten.
Sie haben die Schikanen gegen Christen erwähnt. Hat sich ihre Situation in der Türkei in den vergangenen Jahren generell verändert?
Vor allem im Tur Abdin ist das große Problem, dass die Menschen dort kaum noch eine Zukunft für sich sehen. Vor rund 50 Jahren sollen es dort noch circa 50 000 Christen gewesen sein. Als ich zuletzt in dem Gebiet war, wurde von nur noch 2500 Christen gesprochen.
Ich habe aber auch erlebt: Wenn die Klöster im Tur Abdin von Touristen besucht werden, dann weckt das auch Interesse bei den Muslimen. Sie bewundern die Kultur und Geschichte der Klöster. Da gibt es schon eine kleine Bewegung auf kulturellem Gebiet von muslimischer Seite. Aber gesellschaftspolitisch merkt man nichts davon.
Bei meiner Reise in die Region haben wir zahlreiche Dörfer besucht. Dort haben früher 200, 300 Familien gelebt, mehrheitlich Christen. Heute sind es zwei oder drei.
Sie bestehen meistens aus Menschen, die vorher in Deutschland oder anderen westeuropäischen Ländern gelebt haben und die im Ruhestand zurückgekehrt sind. Sie sind so etwas wie die Wächter des kulturellen Erbes und des Glaubens dort.
Es wurden zum Beispiel einige christliche Dörfer von der muslimischen Bevölkerung besetzt. Häuser von Christen, die im Ausland leben, wurden von Muslimen übernommen. Es ist sehr schwierig, sie zurückzubekommen.
So ist es gerade im Tur Abdin: Die Menschen haben das Gefühl, dass sie „enteignet“ werden, denn es gibt keine Rechtsgrundlage dafür. Sie verlieren ihr Hab und Gut ohne wirkliche Rechtsgrundlage. Sie verlieren alles, was sie sich im Laufe der Geschichte erarbeitet haben.
Empfänger: KIRCHE IN NOT
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BIC: GENODEF1M05
Verwendungszweck: Türkei
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