Spenden
Sri Lanka: „Nicht in die Falle interreligiöser Gewalt tappen“

Sri Lanka: „Nicht in die Falle interreligiöser Gewalt tappen“

Erzbischof von Colombo sieht drei Jahre nach den Osteranschlägen viele Fragen ungeklärt

14.04.2022 aktuelles
Drei Jahre nach den Bombenanschlägen auf Ostergottesdienste in Sri Lanka sind für den Erzbischof der Hauptstadt Colombo, Malcolm Kardinal Ranjith, die Fragen nach den Hintermännern und der Rolle von Sicherheitsbehörden und Politik nach wie vor ungeklärt.

 

Der ranghöchste Kirchenführer des Inselstaates sieht im Gespräch mit KIRCHE IN NOT Versäumnisse bis hin zum jetzigen Präsidenten Sri Lankas. Gleichzeitig warnt er vor einer Instrumentalisierung der Taten, um Christen und Muslime im Land gegeneinander aufzubringen.

Malcolm Kardinal Ranjith, Erzbischof von Colombo.
Bei einer Serie von Anschlägen auf drei Kirchen und mehrere Hotels in verschiedenen Landesteilen Sri Lankas am Morgen des 21. April 2019 kamen mindestens 269 Menschen ums Leben, 500 wurden verletzt. Die meisten der Opfer waren Katholiken, die zu dieser Zeit ihre Ostergottesdienste feierten. Der sogenannte „Islamische Staat“ reklamierte die Anschläge für sich.

 

Mindestens 269 Tote und 500 Verletzte

Der im März 2021 vorgelegte Untersuchungsbericht, der 25 Männer als Täter identifiziert, sei „an sich sehr gut“, erklärte Kardinal Ranjith. Allerdings seien die Schlussfolgerungen der Untersuchungskommission nicht beachtet worden: „Die beschuldigten Männer scheinen diese Anschläge nicht aus einem religiösen Motiv verübt zu haben. Es scheint ein politisches Motiv dahinter zu stecken.“

Eine der Kirchen, auf die an Ostersonntag 2019 ein Terroranschlag verübt wurde (Foto: Roshan Pradeep & T Sunil).
Der Bericht habe darauf hingewiesen, dass der staatliche Nachrichtendienst es versäumt habe, Informationen an die zuständigen staatlichen Stellen zu übermitteln, so der Kardinal. Auch von indischen Sicherheitsdiensten hätten Tage vor den Anschlägen Hinweise auf geplante Anschläge vorgelegen; diese seien jedoch nicht an die Bevölkerung und die Kirchen weitergeleitet worden.

 

Gleichwohl hatte im Februar 2022 das oberste Gericht Sri Lankas zwei ranghohe Sicherheitsbeamte freigesprochen, denen in Zusammenhang mit den Anschlägen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen worden waren.

„Man kann eins und eins zusammenzählen“

Auf die Frage, warum die Warnungen vor Anschlägen in den Wind geschlagen wurden, antwortete der Kardinal: „Im Untersuchungsbericht wird die Möglichkeit angesprochen, dass man die Informationen nicht weitergeben wollte, weil man dachte, es könne zu Chaos im Land führen und ein Wahlkandidat könnte davon profitieren, wenn er Stabilität und Sicherheit für die Bevölkerung verspricht.“

Beisetzung der Opfer der Anschläge an Ostersonntag in Sri Lanka (Foto: Roshan Pradeep & T. Sunil).
Bei dem damaligen Wahlkandidaten handelt es sicher um den heutigen Präsidenten Sri Lankas, Gotabaya Rajapaksa. Er hatte im November 2019 die Wahl gewonnenund sein Amt mit dem Versprechen angetreten, die extremistische Gewalt in Sri Lanka zu beenden. Kardinal Ranjith kommentierte das mit den Worten: „Man kann eins und eins zusammenzählen.“

 

„Wir wollen die Wahrheit erfahren“

Er habe nach wie vor Zweifel daran, dass eine „bunt zusammengewürfelte Gruppe von Jugendlichen“ derartige Taten allein habe planen und ausführen können. Er habe bereits unmittelbar nach den Anschlägen vor Racheakten an Muslimen gewarnt. „Wir müssen vermeiden, in die Falle interreligiöser Gewalt zu tappen“, sagte Kardinal Ranjith.

Viele Muslime hätten betroffene christliche Familien unterstützt. Mit ihnen sei er einer Meinung, „dass die Angehörigen bestimmter Religionen gegeneinander ausgespielt werden, um politische Vorteile zu erlangen“.

Angehörige der Terroropfer trauern an der Gedenkstätte, auf der die Namen der Toten eingraviert sind.
Um die weiteren Hintergründe aufzuklären, seien neue Untersuchungen nötig, forderte der Kardinal. Wenn die Regierung Sri Lankas dem nicht nachkomme, „haben wir keine andere Wahl, als uns an die internationale Staatengemeinschaft zu wenden. Wir wollen die Wahrheit erfahren.“
KIRCHE IN NOT hatte nach den Osteranschlägen den Einsatz der Kirche für die Betroffenen unterstützt. Unser Hilfswerk fördert darüber hinaus zahlreiche pastorale Aktivitäten der katholischen Gemeinden in Sri Lanka. Unterstützen Sie den Einsatz der Kirche für die Menschen in Sri Lanka mit Ihrer Spende – online oder auf folgendes Konto:

Empfänger: KIRCHE IN NOT
LIGA Bank München

IBAN: DE63 7509 0300 0002 1520 02
BIC: GENODEF1M05

Verwendungszweck: Sri Lanka

Weitere Informationen