MARIA LOZANO: Sie befinden sich am Sitz der Nuntiatur in Kiew. Wie ist die Situation im Moment dort?
ERZBISCHOF VISVALDAS KULBOKAS: Es gibt Tag und Nacht Bombenangriffe auf verschiedene Stadtviertel. Die Nuntiatur liegt etwas außerhalb; wir wurden noch nicht bombardiert, aber es gab Straßenkämpfe ganz in der Nähe. Im Gegensatz zu Städten wie Charkiw oder Mariupol herrscht hier noch eine gewisse Ruhe. Niemand weiß, was die kommenden Tage bringen werden. Doch die humanitäre Situation ist hier wie auch in anderen Regionen der Ukraine sehr schlimm.
Da sich die russischen Streitkräfte dem Zentrum von Kiew zu nähern scheinen, sind die humanitären Organisationen in den vergangenen Tagen noch aktiver geworden. Es ist sehr schwierig, von einem Ort zum anderen zu gelangen, weil es alle paar Meter Kontrollposten gibt. Dazu kommt die nächtliche Ausgangssperre.
Wie erleben Sie die Stimmung der Menschen in Kiew?
Es herrschen große Sorge und Angst, aber ich würde die Stimmung als sehr „mutig“ beschreiben. Wir spüren, dass wir diese Tragödie gemeinsam bewältigen und uns gegenseitig helfen müssen. Ich bemerke bei vielen Menschen Optimismus, vor allem bei den Priestern und Ordensschwestern, denen ich begegne. Aber das ist natürlich bei kranken Menschen, Schwangeren oder jungen Müttern ganz anders.
Wie sieht Ihre Arbeit in der Nuntiatur aktuell aus?
Ich werde von sehr vielen Menschen kontaktiert; es erreichen mich viele Angebote und Bitten um humanitäre Hilfe. In Regionen wie dem Zentrum von Kiew ist die Logistik sehr schwierig. Wir versuchen, das von hier aus zu koordinieren und die Hilfsbedürftigen und die Helfer zusammenzubringen.
Nur halte ich es für unmöglich, mit diesem Argument einen Krieg zu begründen. Ich beobachte mit Erstaunen, dass die Schwierigkeiten, die ich vorher erlebt habe, kleiner geworden sind. Diese Tragödie eint das ukrainische Volk.
Wir denken ständig darüber nach, was der Papst direkt oder durch seine Mitarbeiter noch tun kann. Ein Schritt war die Entsendung der beiden Kardinäle. Am Dienstag ist Kardinal Krajewski in der Ukraine eingetroffen, um Unterstützung zu bringen und um zu sehen, wie wir die humanitäre Hilfe und mit ihr die Präsenz des Papstes umsetzen können.
KIRCHE IN NOT hat nach Kriegsausbruch ein erstes Hilfspaket in Höhe von über einer Million Euro geschnürt, um vor allem die Arbeit der Priester und Ordensschwestern in der Ukraine zu unterstützen. Wie wichtig ist diese Hilfe Ihrer Meinung nach?
Jede Hilfe, die uns erreicht, ist wertvoll. Es ist schwierig abzuschätzen, wie hoch der Bedarf in Zukunft sein wird. Schon jetzt gibt es viele beschädigte Gebäude. Auch auf struktureller und organisatorischer Ebene wird es viel zu tun geben, da hunderte von Schulen, Krankenhäusern und Wohnungen zerstört sind. Der Bedarf wird enorm sein. Das wird sehr lange dauern.
Empfänger: KIRCHE IN NOT
LIGA Bank München
IBAN: DE63 7509 0300 0002 1520 02
BIC: GENODEF1M05
Verwendungszweck: Nothilfe Ukraine
Als Reaktion auf den Kriegsausbruch in der Ukraine hat KIRCHE IN NOT ein Nothilfe-Paket in Höhe von aktuell mehr als eine Million Euro auf den Weg gebracht. Das Geld komme nach Aussage des Geschäftsführenden Präsidenten von KIRCHE IN NOT, Dr. Thomas Heine-Geldern, Priestern und Ordensleuten zugute, die im ganzen Land in den Pfarreien, bei den Flüchtlingen, in Waisenhäusern und Altenheimen arbeiten.
KIRCHE IN NOT ruft auch zu Gebeten um Frieden in der Ukraine auf und hat dazu ein Gebetsblatt veröffentlicht. Download- und Bestellmöglichkeit unter: www.kirche-in-not.de/shop.
Besonders werden wir in unseren Mittagsgebeten der Menschen in der Ukraine in den Gebeten gedenken sowie am Freitag um 18:30 Uhr in einer besonderen Andacht. Schließen Sie sich bitte an, damit der Glaube lebt und unser Gebet stärker sein möge als Waffen.
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