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25. Todestag der heiligen Mutter Teresa

25. Todestag der heiligen Mutter Teresa

Der „Engel von Kalkutta“ hieß Rosa Färber

05.09.2022 aktuelles
Mutter Teresa galt schon zu Lebzeiten als Engel der Sterbenden in Kalkutta und war in aller Welt bekannt. Ihre Seligsprechung 2003 und die Heiligsprechung 2016 haben den Grad der Verehrung noch einmal vermehrt.  Der Gründer von KIRCHE IN NOT, Pater Werenfried van Straaten, besuchte bereits 1959 Mutter Teresa in Indien und war einer der ersten, der sie und die Gemeinschaft der “Missionarinnen der Nächstenliebe” für die “Ärmsten der Armen” in ganz Europa bekannt machte. Heute gibt es wohl kaum jemanden, der diese “Heilige der Gosse”, wie man sie nannte, nicht kennt. Weit weniger bekannt sind jedoch Herkunft und Familie von Mutter Teresa. Der Kirchenhistoriker Rudolf Grulich stellt sie uns vor.
Mutter Teresa von Kalkutta auf einem überlebensgroßen Plakat in Pristina (Kosvo).
In zahlreichen Nachrufen und Biographien ist immer wieder von ihrem Heimatland Albanien die Rede, in das sie lange nicht zurückkehren konnte, solange dort die Kommunisten Albanien zum ersten atheistischen Land der Welt gemacht hatten. Mutter Teresa ist zwar Albanerin, stammt aber aus der heutigen Republik Mazedonien. Als sie 1910 geboren wurde, war ihre Geburtsstadt Skopje noch unter der osmanisch-türkischen Herrschaft des Sultans in Istanbul. Auf Türkisch hieß Skopje Üsküb. Unter dieser Bezeichnung finden wir die Stadt auch bei Karl May. Erst 1912 wurde sie nach dem Ersten Balkankrieg serbisch und gehörte nach dem Ersten Weltkrieg zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, das seit 1929 Jugoslawien hieß.

 

Heute ist Skopje die Hauptstadt der jungen Repu­blik Mazedonien, deren Staatssprache seit 1944 die jüngste slawische Literatursprache, Mazedonisch, ist. Die Familie des späteren „Engels der Sterbenden“ von Kalkutta war aber immer albanisch. Nicht nur auf dem Amselfeld (Kosovo), sondern auch in Mazedonien le­ben viele Albaner. Sie stellen heute mehr als ein Viertel der Bevölkerung Mazedoniens.  Auch die wenigen Katholiken Mazedoniens sind durchwegs Albaner, nur die Katholiken des byzantinischen Ritus bei Strumica sind Mazedonier. Skopje war in türkischer Zeit Sitz eines lateinischen Erzbischofs. Heute residiert dort ein Bischof, da der Titel des Erzbistums auf Belgrad überging. Als Gonxhe Bojaxhiu, so hieß Mutter Teresa als Mädchen, geboren, besuchte die zukünftige Gründerin der Mis­sionarinnen der Nächstenliebe in ihrer Heimatstadt serbische Schulen, da die Albaner im Jugoslawien der Zwischen­kriegszeit ohne Rechte waren. Ihr Vorname Gonxhe heißt Rosa, der türkische Familienname bedeutet Färber und kommt in ähnlicher Form auch im Bulgarischen und Serbischen vor.

- Hl. Mutter Teresa (1910-1997)
Papst Johannes Paul II. und Mutter Teresa.
Entgegen der üblichen Darstellung ihrer Biographien war die Fami­lie Mutter Teresas nicht arm. Vater Kole (Nikolaus) war ein weitgerei­ster Kaufmann, der außer albanisch und serbisch auch türkisch, italienisch und französisch sprach. Auf sei­nen Geschäftsreisen kam er bis Arabien und Ägypten. Die Familie war begütert und verköstigte täglich eine Reihe von Armen der Stadt. Der Vater starb schon im Jahre 1919, als Gonxhe erst neun Jahre alt war. Der ein­zige Sohn Lazar ging nach dem Tode des Vaters als Geschäftsmann in den neuen, erst 1912 entstandenen Staat Albanien, wohin ihm 1934 auch die Mutter Drana und die Schwester Age folgten. Gonxhe hatte bereits 1928 als 18jährige Skopje verlassen und war als Ordensnovizin unter ihren neuen Ordensnamen Teresa über Irland nach Indien gereist. Bei einer Volksmission, die kroatische und slowenische Jesuiten in Skopje abgehalten hatten, war die Berufung zur Missionarin in der jungen Rosa geweckt worden.

 

Während ihr Bruder Lazar 1939 im Gefolge der italienischen Be­setzung Albaniens nach Italien verschlagen wurde und wegen der Kriegsereignisse dort bis zu seinem Tode 1969 in Paler­mo blieb, mussten Mutter und Schwester in Albanien bleiben. Age war als Übersetzerin und Radiosprecherin in Tirana tätig. Beide Frauen erlebten die blutige kommunistische Verfolgung der Nachkriegs­zeit und die Erklärung Albaniens zum ersten atheisti­schen Land der Welt durch Enver Hoxha 1967. Die Mutter starb am 12. Juli 1972, die Schwester kurz dar­auf. Alle Versuche Mutter Teresas, über große Politi­ker wie J. F. Kennedy, de Gaulle, U Thant, lndira Gan­dhi u. a. eine Möglichkeit zu finden, Mutter und Schwe­ster noch einmal zu sehen, wurden damals von den Behörden in Tirana abgelehnt. Mutter Teresa durfte nicht einmal die albanische Gesandtschaft in Rom betreten, geschweige, dass sie empfangen worden wäre. Augenzeugen berichten, dass Mutter Teresa einmal Tränen in den Augen hatte, als sie vor der diplomatischen Vertretung Albaniens in Rom bereits am Eingang abgewiesen wurde, und zu ihrer Begleiterin sagte: „Es gibt in dieser Welt Mauern, die auch die Liebe nicht übersteigen kann.“

Geistlicher Begleiter über die Theologie der Mutter Teresa:

1985 berichtete der jugoslawische Diplomat Arso Mila­tovic in seinen Memoiren von Begegnungen mit Tere­sas Schwester Age. Einen Vorabdruck brachte im Fe­bruar 1985 die Zeitschrift „Duga“ in Zagreb, wo die Memoiren unter dem Titel „Fünf diplomatische Mis­sionen“ in zwei Bänden erschienen sind. Milatovic war von 1944 bis 1971 für Belgrad im diplomatischen Dienst in Italien, Bulgarien, Albanien, Rumänien und Polen tätig. Er schreibt in seinen Erinnerungen, dass die albanischen Behörden der jugoslawischen Botschaft als „Übersetzerin die Lehrerin Aga Bojadzieva“ abkommandierten, „eine Albanerin, aber jugoslawische Bürgerin. Aga Bodjadzie­va (so die serbokroatische Schreibweise des albani­schen Familiennamens Bojaxhiu) absolvierte die Lehrerinnenfachschule in Skopje. Sie ist“ – so Milatovic – „die leibliche Schwester von Mutter Teresa Gondja (albanisch: Gonxha), einer Ordensfrau in Indien, die den Friedensnobelpreis erhielt. Aga war einige Jahre Presse-Übersetzerin in unserer Bot­schaft in Tirana…, aber sie wurde 1962 verhaftet, weil sie nicht für die albanische Polizei arbeiten wollte. Spä­ter war sie im Lager Musequai interniert, wo sie auch starb.“

 

Milatovic schreibt weiter: „Eines Tages brach Aga in unserer Botschaft in Tränen aus, als sie eine Meldung aus ‘Zeri i populit’ (der albanischen Parteizeitung) übersetzte. Sie erklärte, dass sie wegen einer Freundin weine, die als Schwangere zum Tode verur­teilt und erschossen wurde. Als man sie in den Gefäng­nishof zur Hinrichtung führte, legte sie die Hände auf den Bauch und schrie: ‘Tötet mir nicht das Kind, es be­wegt sich schon, ich bin im sechsten Monat.’“

Missionarinnen der Nächstenliebe in Khartum (Sudan).
Der albanische Priester der Diözese Prizren (Amselfeld), Lush Gjergji, hat in seinen Büchern über Mutter Teresa viele interessante Details aus der Kindheit und Jugend der Verstorbenen gesammelt und auch bis dahin kaum bekannte alte Fotos veröffentlicht. Mutter Teresa pilgerte als Mädchen oft nach Letnica, den Wallfahrtsort der Diözese Prizren mit einer schwarzen Madonna. Seit der Apartheid, unter die Slobodan Milosevic die Albaner des Kosovo zwang, und den folgenden Krieg und der momentanen unsicheren politischen Situation ist es leider still geworden um das Amselfeld, wo es aber eine Niederlassung von Schwestern des Ordens von Mutter Teresa gibt.

 

Prof. Dr. Rudolf Grulich

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