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Libanon: Unter den Christen wächst die Kriegsangst

Libanon: Unter den Christen wächst die Kriegsangst

Erste Flüchtlinge aus dem Süden des Landes

30.10.2023 aktuelles
Der Krieg im Heiligen Land schürt unter den Christen in Libanon Ängste vor einem Übergreifen der Gewalt auf ihr Land. „Was wir jetzt erleben, bringt alte Ängste zurück. Wir fühlen uns von den Schatten des Krieges von 2006 heimgesucht“, erklärte Marielle Boutros, eine Mitarbeiterin von KIRCHE IN NOT in Libanon.

 

Nach den Terroranschlägen der Hamas hat das israelische Militär Stellungen der islamistischen Hisbollah im Süden des Libanon bombardiert. Die Hisbollah gilt neben der Hamas und der Miliz Islamischer Dschihad (PIJ) als größte Terrororganisation in der Region.

Marielle Boutros, Lehrerin und Mitarbeiterin von KIRCHE IN NOT in Libanon.
Infolge der Angriffe seien einige Christen aus Tyros im Süden Libanons in die Hauptstadt Beirut geflohen, teilte Boutros mit. „Wir beten für die Opfer und ihre Familien, aber wir sind auch um unser eigenes Land besorgt: Wir wollen nicht, dass der Libanon in einen weiteren Krieg hineingezogen wird.“

 

„Bereits zwei Kriege erlebt“

Wie Boutros erklärte, habe ihre Generation bereits zwei Kriege erlebt: den Libanesischen Bürgerkrieg zwischen 1975 und 1990 und den Libanonkrieg 2006. „Wir sind nicht bereit, das alles noch einmal durchzumachen.“

Libanon leidet unter einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise. Die Explosion im Hafen von Beirut im August 2020 hat zur Zerstörung weiter Teile der Hauptstadt geführt, darunter auch des christlichen Viertels. Seit den Parlamentswahlen im Mai 2022 ist das Land faktisch ohne handlungsfähige Regierung.

Junger Christ im Libanon (Archivbild) (© Ismael Martinez Sanchez/KIRCHE IN NOT).
Boutros, die in Libanon als Lehrerin an einer kirchlichen Schule arbeitet, hatte im September den deutschen Zweig von KIRCHE IN NOT besucht. Islamistische Organisationen wie die Hisbollah würden angesichts der instabilen Lage immer mehr an Boden gewinnen, erklärte sie damals.

 

Extremismus nimmt zu

Das gelte auch im Bildungsbereich, wo viele staatliche Schulen aus finanziellen Gründen ihre Arbeit einstellen mussten oder kein regulärer Unterricht mehr möglich sei, weil die Lehrer streikten. „Würden jetzt die über 300 kirchlichen Schulen im Libanon auch noch ausfallen, würden sofort islamistische Organisationen in diese Lücke springen. Eine weitere Radikalisierung wäre die Folge.“

Christen in Libanon beim Gebet.
KIRCHE IN NOT unterstützt in Libanon unter anderem die Arbeit und den Betrieb der christlichen Bildungseinrichtungen. Nach wie vor beherbergt Libanon die größte christliche Gemeinschaft im Nahen Osten, der etwa ein Drittel der knapp sechs Millionen Einwohner angehören.

 

Signalwirkung für den gesamten Nahen Osten

Allerdings wandern gerade viele gut ausgebildete junge Christen aus – eine Entwicklung, die sich durch den Krieg im Heiligen Land noch verstärken könnte, befürchtet Boutros: „Die Kirche in Libanon ist ein Fels für die Menschen in der ganzen Region. Fällt die christliche Gemeinde in Libanon, fällt das Christentum im gesamten Nahen Osten.“

Gebets- und Solidaritätstag für die Weltkirche in Augsburg