Pater Jean Pichon aus der Gemeinschaft „Sankt Martin“ stammt aus Frankreich und ist Pfarrer in der Diözese Santa Clara im Zentrum Kubas. KIRCHE IN NOT unterstützt ihn bei Evangelisierungsprojekten. Die Fragen an den Priester stellte Thomas Oswald aus dem französischen Büro von KIRCHE IN NOT.
Viele Kubaner sind ins Ausland gezogen, insbesondere nach Spanien. Das trägt dazu bei, dass die Familien und die gesellschaftliche Bindung im Land auseinanderfallen. Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen liegt das Hauptproblem in Kuba in den auseinandergebrochenen Familien. Es gibt keine Vaterfigur mehr.
Ein halbes Jahrhundert lang war es Fidel Castro, der beschützte und nährte, nicht die Vaterfigur. In Kuba gibt es dagegen eine starke Bindung zwischen den Müttern und den Kindern, die Väter jedoch sind abwesend.
Ich denke auch, dass der Druck des Regimes die jungen Leute dazu gebracht hat, Sexualität als Freiraum zu sehen. Es gibt hier viele ledige Mütter und ein gigantisches Prostitutionsproblem. Hochzeiten sind selten, und die viele junge Leute wechseln häufig ihre Partnerinnen und Partner.
Ein weiteres Problem ist, dass wir praktisch kaum Priesterberufungen haben. Das ist ein altbekanntes Problem in Kuba. 2009, als ich in ein entlegenes Dorf fuhr, sagte mir eine alte Dame, dass sie seit über 50 Jahren keinen Priester mehr gesehen hätte.
Doch dieselben Kubaner, die sich als Atheisten oder Agnostiker definieren, empfinden häufig eine tiefe Verehrung für die „Barmherzige Jungfrau“. Diese kleine Muttergottesstatue wurde an einem Strand von Sklaven gefunden, die Salz sammelten, und zu einer Bezugsgröße für Kubaner aller Glaubensrichtungen.
Ich sagte ihm, dass wir eine Prozession zu Ehren der „Barmherzige Jungfrau“ organisieren. Da leuchteten seine Augen auf. Die „Barmherzige Jungfrau“ öffnet uns häufig die Tür zu den Herzen der Kubaner.
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