Wie geht es den Christen in der Ninive-Ebene und Mossul in dieser Situation? Darüber gibt der chaldäisch-katholische Erzbischof Najib Michael Moussa Auskunft. Der Dominikaner leitet die Erzdiözese Mossul und Akrê. Amélie de La Hougue von KIRCHE IN NOT Frankreich hat mit ihm gesprochen.
Zwischen den Städten und den Dörfern sowie zwischen einzelnen Vierteln wurden die Straßen komplett gesperrt. Armee und Polizei wachen an den Kreuzungen, um jeden Verkehr zu unterbinden, die einzige Ausnahme sind Notfälle.
Gibt es unter diesen Umständen nach wie vor Proteste gegen die Regierung?
Die Demonstrationen in Bagdad, die sich gegen Arbeitslosigkeit und Korruption wandten und den Sturz des Regimes forderten, sind weniger geworden. Die Ausgangssperren werden eingehalten.
Die Lage in Mossul und in der Ninive-Ebene bleibt relativ ruhig. Die Rückkehr der Christen in die Stadt erfolgt jedoch weiterhin nur langsam und zögerlich. Die Mentalität etlicher Menschen hier wird noch immer von einer fanatischen Ideologie beherrscht. Manche träumen immer noch davon, die Christen aus ihrer historischen Heimat zu verjagen.
Die seit fünf Monaten andauernden Massendemonstrationen und der massive Aufstand gegen die seit 2003 im Land herrschende Korruption sind die besten Beispiele der Einheit und des guten Willens des irakischen Volkes.
Welche Haltung nehmen die Christen in dieser Bewegung ein?
Die christliche Gemeinschaft wünscht sich einen echten und tiefgreifenden Wandel des politischen Systems und eine kompetente Präsidialregierung, die säkular und nicht auf Clan-Zugehörigkeiten oder Konfessionen basiert.
Die Christen waren bei den Protesten auf dem Tahrir-Platz in Bagdad dabei, unter ihnen waren auch Menschen, die ihr Leben für die Sache geopfert haben.
Sie fordern weiterhin, bestimmte ungerechte Gesetze zu ändern, darunter beispielsweise die erzwungene Konversion zum Islam von minderjährigen Mädchen, wenn eines ihrer Elternteile zum Islam konvertiert.
Die größte Hoffnung der Christen und der anderen hier angesiedelten Religionen wäre ein Verschwinden der salafistischen Denkweise. Doch leider setzt diese sektiererische Mentalität weiterhin die Scharia als irakische Rechtsprechung durch.
Die Schulbücher und die sektiererischen Predigten in den Moscheen sind eine Quelle sozialer und politischer Missstimmung. Die Trennung zwischen Religion und Politik wäre ein Segen und könnte sicherlich den Kreuzweg erleichtern, den die hiesigen Christen erleiden.
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