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“Im Fall von Asia Bibi ist auch die Bundesregierung gefordert”

“Im Fall von Asia Bibi ist auch die Bundesregierung gefordert”

05.11.2018 aktuelles
In Pakistan spitzt sich die Lage um die Katholikin Asia Bibi (51) erneut zu. Nachdem das höchste pakistanische Gericht am 31. Oktober die Todesstrafe für die wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tod verurteilte fünffache Mutter aufgehoben hatten, liefen Anhänger der radikalislamischen Gruppe Tehreek-e-Labaik (TLP) gegen diese Entscheidung Sturm.

In zahlreichen Städten Pakistans kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen, die sich auch gegen die Regierung richteten. Am Freitagabend wurde dann ein Kompromiss geschlossen: Die Regierung will einen erneuten Revisionsantrag gegen die Entscheidung des obersten Gerichts zulassen und Asia Bibi am Verlassen des Landes hindern. Im Gegenzug beendeten die TLP-Anhänger ihre Proteste.

Das weltweite päpstliche Hilfswerk KIRCHE IN NOT hatte sich seit der Festnahme Bibis vor neun Jahren für die Freilassung der Katholikin eingesetzt. Asia Bibis Mann und eine ihrer Töchter hatten auf Vermittlung des Hilfswerks beim Papst vorgesprochen und waren mehrfach auf Veranstaltungen von KIRCHE IN NOT in Italien und Großbritannien zu Gast. Im Interview mit DOMRADIO-Redakteur Jan-Jakob Loos äußerte sich Berthold Pelster, Experte für Religionsfreiheit bei KIRCHE IN NOT Deutschland zur aktuellen Entwicklung.
Christliche Familie aus Pakistan mit dem Bild des Gekreuzigten.
Eisham Ashiq (links) und Ashiq Masih, Tochter und Eheman von Asia Bibi.
Jan-Jakob Loos, DOMRADIO: Nach Asia Bibis Freispruch haben Islamisten so lange lauthals auf den Straßen und in den sozialen Netzwerken gewütet, bis die Regierung des neuen pakistanischen Premierministers Imran Khan doch nachgegeben hat. Was zeigt uns das?

Berthold Pelster: Wir sind erschüttert über diese neue Wendung in diesem doch schon sich über Jahre hinziehenden Prozess. Der Druck der Islamisten scheint wirklich immens gewesen zu sein. Vielfach hatten die Islamisten angedroht, die Richter zu ermorden, falls sie Asia Bibi freisprechen würden. Ebenso haben sie angedroht, Asia Bibi selbst und ihre Familie zu ermorden, falls sie freigelassen werden würde.

Offensichtlich hat die Regierung noch versucht, mit den Islamisten zu verhandeln. Aber sie musste dann wohl dem Druck nachgeben und hat ein Ausreiseverbot für Asia Bibi verhängt. Sie haben wohl auch die Möglichkeit eingeräumt, dass gegen diesen Freispruch Berufung eingelegt werden kann.

Dabei war dieser Freispruch ja ein Urteil der höchsten Instanz. Kann man Pakistan vor diesem Hintergrund noch als Rechtsstaat bezeichnen?

Das ist sehr schwierig. Es ist natürlich in gewisser Weise ein demokratischer Staat. Aber die Regierung hat enorme Schwierigkeiten, mit islamistischen Gruppen und mit der islamistischen Stimmung im Land fertig zu werden. Von einem Rechtsstaat würde man etwas Anderes erwarten.

Asia Bibis Schutz sei erhöht worden und ihr Leben nicht in Gefahr, das versichert zumindest die Regierung. Wie wird es Ihrer Einschätzung nach nun weitergehen in dem Fall?

Das ist schwer zu sagen. Niemand weiß genau, wo Asia Bibi sich jetzt überhaupt aufhält. Eine Möglichkeit ist, dass sie noch in ihrer Gefängniszelle sitzt. Eine andere Möglichkeit ist, dass sie das Gefängnis letzte Woche nach dem Freispruch verlassen konnte. Sie hätte ja theoretisch gehen können. Möglicherweise hat sie das Land auch schon längst verlassen. All das ist völlig unklar. Es gibt da keine genauen Informationen. Falls sie sich noch im Land befinden sollte, ist ihre Situation ziemlich fatal.

Der Prozess geht ja schon seit ungefähr neun Jahren und es hat immer wieder Berufungsverhandlungen gegeben. Immer wieder sind die Anhörungen verschoben worden. Das Ganze hat sich sehr in die Länge gezogen und im schlimmsten Fall wird es jetzt wieder Monate oder – noch schlimmer Jahre – dauern, bis etwas vorangeht.

Und wie wird sich das auf die Situation im Land auswirken?

Die Lage im Land ist wirklich sehr undurchschaubar. Der jetzige Premierminister Imran Khan hat in seinem Wahlkampf immer auch Aussagen getroffen, die den Islamisten entgegenkamen. Möglicherweise war das nur Wahlkampftaktik. Möglicherweise steckt aber auch mehr dahinter. Wir wissen wirklich nicht, wie sich die Situation im Land entwickeln wird.

Die pakistanische Katholikin Asia Bibi. Foto: British Pakistani Christian Association.
Berthold Pelster, Experte für Religionsfreiheit bei KIRCHE IN NOT Deutschland.
Der Anwalt von Asia Bibi hat Pakistan aus Angst um sein Leben bereits verlassen. Der Ehemann hat an westliche Staaten appelliert, ihn und seine Familie aufzunehmen. Viele sehen da auch Deutschland in der Pflicht. Wie sehen Sie das?

Die internationale Staatengemeinschaft muss meines Erachtens sehr viel mehr Druck auf die pakistanische Regierung ausüben und deutlich mehr Solidarität zeigen, auch mit verfolgten Christen – gerade auch in diesem exemplarischen Fall. Da passiert vielleicht noch zu wenig. Ja, auch die Bundesregierung ist da gefordert.

Das gesamte Interview können Sie auch nachhören unter: Domradio.de

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