Vom Putsch ist folgende Szene in Erinnerung geblieben: Boris Jelzin klettert vor dem Moskauer Parlamentsgebäude auf einen Panzer und ruft von dort aus zum Widerstand gegen die Putschisten auf. Nach dieser Rede geht er in das Parlament zurück und sagt zu den Abgeordneten: „Jetzt brauche ich ein Radio.“ Er wollte so viele Menschen wie möglich erreichen; die Medien waren jedoch in der Hand der Kommunisten. Doch es gab einen Sender, von dem sie nichts wussten …
Für ihn war es der Anfang vom Ende seiner politischen Karriere, für einen anderen begann sie: Boris Jelzin. Schon bald wurde er zum Sprecher und Führer des Widerstandes gegen die kommunistischen Putschisten.
Der Wunsch nach Reformen und Demokratie war in der Bevölkerung sehr stark – entgegen den Erwartungen der westlichen Welt und der Armee in Moskau. Der Einfluss Jelzins, damals Präsident der Russischen Föderation, wuchs stetig.
Er wollte so viele Menschen wie möglich erreichen; es musste also schnell ein „Sprachrohr“ für die demokratische Bewegung her. Doch die Medien waren in der Hand der Putschisten, die die Falschmeldung von Gorbatschows Krankheit weiterhin verbreiteten. In Wirklichkeit wurde er in seiner Datscha auf der Halbinsel Krim gefangen gehalten.
In diesem Augenblick verschafften die guten Kontakte, die KIRCHE IN NOT bereits während des Kalten Krieges in der Sowjetunion aufgebaut hatte, den Gegnern der Putschisten einen entscheidenden Vorteil.
Seit einiger Zeit gab es Pläne, mit Hilfe von KIRCHE IN NOT und einer niederländischen Stiftung eine gemeinsame Rundfunkstation der katholischen und orthodoxen Kirche in der Sowjetunion zu gründen. Aber das Kommunikationsministerium hatte die Lizenz dafür verweigert. So sendete der christliche Sender von Monte Carlo aus und konnte auch in der Sowjetunion empfangen werden.
Doch die Verantwortlichen hielten an den Plänen für einen eigenen christlichen Sender auf russischem Boden fest. Im August 1991 befand sich die technische Ausstattung schon längst in Moskau. Über längere Zeit hatten Projektpartner und Mitarbeiter von KIRCHE IN NOT die Sendegeräte in Einzelteilen mit dem Schiff nach Sankt Petersburg und von dort aus nach Moskau geschmuggelt. Hier wurden die Teile dann wieder zusammengesetzt. Die Anlage stand einsatzbereit in Moskau und musste nur noch aus einer Lagerhalle geholt werden.
Dank KIRCHE IN NOT hatte Boris Jelzin ein Sprachrohr, um die Bevölkerung zum Widerstand gegen die kommunistischen Putschisten aufzurufen. Sein Hilferuf an die Moskowiter wurde erhört: Tausende versammelten sich friedlich auf Moskaus Straßen. Selbst einige Armee-Einheiten liefen später zu Jelzin über.
Am Abend des 21. August war der Putsch vorbei. Der spätere Präsident bedankte sich, indem er schon im September 1991 die Sendeerlaubnis für den katholisch-orthodoxen Sender „Radio Blagovest“ erteilte. Es gibt ihn noch heute.
Am 8. Dezember 1991 beschlossen die Präsidenten der Russischen Republik, der Ukraine und Weißrusslands die Gründung der „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ (GUS). Ihr schlossen sich acht weitere ehemalige Sowjetrepubliken an. Am 25. Dezember dankte Gorbatschow als Präsident ab; Jelzin wurde sein Nachfolger.
Zum Jahreswechsel zerbrach die Sowjetunion endgültig. Wie wichtig das religiöse Programm des katholisch-orthodoxen Senders Radio Blagovest nach wie vor ist, bezeugen Tausende Briefe, die KIRCHE IN NOT erreicht haben und immer noch erreichen.
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