Die Kirche findet sich damit nicht ab. Priester, Ordensschwestern und Katecheten entwickeln Ideen, um den Menschen dennoch nahe zu sein. Ein Überblick aus einigen Projektländern:
Die Pandemie trifft den Libanon besonders hart. Das Gesundheitssystem steht vor dem Kollaps. Das Land ist bankrott und steckt mitten in einer schweren politischen wie wirtschaftlichen Krise. Schon vor der Pandemie lebte fast die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze.
Umso mehr sind sie angewiesen auf Wohltätigkeitseinrichtungen, die oft von den christlichen Kirchen getragen werden. So auch die Tafel „Johannes der Barmherzige“ in Zahlé nahe der syrischen Grenze. Sie ist eine Initiative der melkitischen griechisch-katholischen Erzdiözese.
Die Essensausgabe ist ein wichtiger Treffpunkt für vertriebene Christen aus Syrien. Sie war das erste Hilfsprojekt von KIRCHE IN NOT, das von den Corona-Folgen betroffen war: Die Hygienemaßnahmen zwangen zur Schließung der Essensausgabe.
Doch die freiwilligen Mitarbeiter fanden einen Weg, für die notleidenden Menschen dennoch da zu sein: Sie bringen nun das Essen zu 400 besonders hilfsbedürftigen Personen, die ihre Häuser nicht mehr verlassen können.
„Viele Menschen sagen, dass sie bereits seit Kriegsausbruch leiden und es nicht viel schlimmer werden kann. Andere sind vorsichtiger und besorgen sich Schutzmasken und Desinfektionsmittel“, berichtet der armenisch-katholische Priester Antoine Tahhan aus Aleppo.
Außer strikten Ausgangssperren hat das kriegsgebeutelte Land der Corona-Pandemie wenig entgegen zu setzen. Der Krieg hat auch das Gesundheitssystem zerstört. Wir benötigen dringend Schutzmasken und Ausrüstung zum Sterilisieren“, ruft Tahhan auf.
Doch die nach wie vor gültigen Sanktionen des Westens verteuern den Import. Auch Lebensmittel und Medikamente sind nahezu unerschwinglich. Die Pandemie lässt die Menschen vor allem die wirtschaftlichen Folgen fürchten.
„Wir helfen insbesondere den alten Menschen, da viele von ihnen keine andere Unterstützung haben. Wir erledigen die Einkäufe, damit sie nicht aus dem Haus gehen müssen“, sagt die Ordensfrau.
Eine wirksame Hilfe sei das von KIRCHE IN NOT finanzierte Gutscheinprogramm, das 260 Familien den Einkauf im Supermarkt ermögliche und die Unterstützung bei Mietzahlungen für besonders bedürftige Menschen.
In Osteuropa sind die Reaktionen auf das Corona-Virus unterschiedlich. Die Ukraine hat relativ früh Schutzmaßnahmen ergriffen, könnte doch eine Ausdehnung der Pandemie schlimme Folgen haben.
Eine anhaltende Rentenkrise hat die älteren Menschen schon zuvor dem Risiko von Krankheit und Armut ausgesetzt. Hinzu kommt der Krieg in der Ostukraine, der viele Menschen noch weiter in die Verelendung treibt.
An vorderster Front im Kampf gegen Corona stehen in der Ukraine vielfach Ordensschwester, die Kliniken, Altenheime, Waisenhäuser oder Armenküchen betreiben.
Sorgenvoll blickt Schwester Justiniana aus Lemberg in die Zukunft. Ihr Orden, die St-Joseph-Schwestern, betreibt dort ein Altenheim mit 25 bettlägerigen Bewohnern. „Wir befürchten, dass uns die notwendigen Hilfsmittel und Medikamente bald ausgehen, denn es ist schwer, Nachschub zu besorgen“, erzählt sie KIRCHE IN NOT.
Unser Hilfswerk unterstützt seit Langem zahlreiche Klöster in der Ukraine, damit sie ihren karitativen wie geistlichen Einsatz fortsetzen können.
In Venezuela, das seit Jahren in einer tiefen Wirtschaftskrise steckt, leiden vielen Menschen Hunger: Geschäftsschließungen zur Corona-Virus-Bekämpfung haben ihnen ihre Einnahmen genommen.
Es gibt in den Geschäften kaum etwas zu kaufen – und auf den Feldern verdorrt die karge Ernte, weil es an Maschinen fehlt, sie schnell einzubringen. „Wenn das Virus uns nicht tötet, werden wir an Hunger sterben“, sagt Ester Chacón, eine Straßenhändlerin.
Die Kirche versucht, den Menschen auch in dieser Situation nahe zu sein. Die Bilder gingen um die Welt, als Bischof Mario Maronta aus San Cristobal die Eucharistie durch die Straßen der nahezu menschenleeren Stadt trug und die Einwohner segnete.
„Wir bitten darum, der unmoralischen Praxis einiger Menschen zu begegnen, die unter Ausnutzung des Gesundheitszustands die Preise unvernünftig erhöhen. Diejenigen, die so handeln, haben keine Gottesfurcht“, sagt er.
KIRCHE IN NOT unterstützt das Überleben venezolanischer Priester durch Mess-Stipendien und die Arbeit der Pfarrgemeinen, die häufig Armenspeisungen anbieten.
Seit Mitte März befanden sich die 1,3 Milliarden Inder in strenger Quarantäne. Für weite Teile der Bevölkerung bedeutet die Ausgangssperre vor allem Elend und Armut. Besonders betroffen sind die hunderttausenden Wanderarbeiter. Von heute auf morgen waren sie ohne Arbeit.
Auch für die religiös ohnehin angespannte Situation in Teilen Indiens wirkt das Corona-Virus wie ein Brandbeschleuniger: Fanatische Hindus verdächtigen religiöse Minderheiten, für die Verbreitung des Virus verantwortlich zu sein.
Christen sind besonders in den nordindischen Bundesstaaten ohnehin steigender Gewalt ausgesetzt. Sie stehen am Ende der sozialen Kette, zumal viele von ihnen auch den niedrigsten Gesellschaftsschichten angehören.
Sie finden neue Wege, das geistliche Leben zu pflegen – eine große Rolle spielt dabei das Medienapostolat. Und sie organisieren die Versorgung mit Hilfsgütern, „unabhängig von der Religionszugehörigkeit“, wie die Verantwortlichen betonen.
Auch in Afrika spielen die Medien eine wichtige Rolle während der Quarantäne. „Radio Ditunga“ in der Demokratischen Republik Kongo überträgt heilige Messen, Gebete und geistliche Vorträge. Es gelte auch, den teilweise skurrilen Heilsversprechungen von Sekten etwas entgegenzusetzen, betonen die Verantwortlichen.
Neu während der Corona-Zeit ist Schulunterricht über das Radio. Täglich erklärten Lehrer den Stoff und beantworten Schülerfragen. Christlichen Familien in der Umgebung hat „Radio Ditunga“ sogar einfache Radiogeräte gekauft, damit sie teilnehmen können.
Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, unterstützt KIRCHE IN NOT die Arbeit vieler engagierter Priester und kirchlicher Mitarbeiter weltweit. Damit auch in der Corona-Zeit die Kirche den Menschen nahe ist.
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