Kinga von Schierstaedt ist Projektreferentin bei KIRCHE IN NOT und dort unter anderem für den Sudan zuständig. Sie berichtet im Interview über die aktuelle Lage.
Er und seine Mitbewohner trauen sich nicht mehr aus dem Haus. Die Lebensmittel gehen zur Neige, der Strom ist ausgefallen. Es herrscht Wassermangel. Tagsüber ist es momentan im Sudan bis zu 40 Grad heiß. Immer wieder fliegen Militärflugzeuge über sie hinweg, so der Projektpartner. Sie hätten Angst, von einem Blindgänger getroffen zu werden.
Worum geht es bei diesem Konflikt?
Die jetzige Eskalation ist das Ergebnis einer latenten Spannung, die zwischen Präsident al-Burhan und seinem Vize Daglo schon seit 2021 herrscht. Damals hatten beide zusammen gegen die Übergangregierung geputscht, die nach der Absetzung von Diktator Umar al-Baschir eingesetzt worden war. Es geht darum, wie und mit wem regiert werden soll, um Macht und die Eingliederung der RSF in die Armee als Schritt zu einer Zivilregierung.
Aber es gibt ein weiteres Motiv. Der Sudan ist Afrikas drittgrößter Gold-Produzent. Vizepräsident Daglo besitzt Goldminen im Norden des Sudan. Von dort gehen jährlich Milliarden Dollar in die Vereinigten Arabischen Emirate. Gleichzeitig unterhält auch die Armee eine Unmenge von Immobilien und Geschäften aller Art, die sie ungern einer zivilen Regierung übergeben möchte.
Wie ist die Lage für die katholische Kirche?
Die katholische Kirche im Sudan ist sehr klein, etwa 95 Prozent der Einwohner sind Muslime. Da es kein religiöser Konflikt ist, sind alle Bürger gleich betroffen. Die öffentlichen Gottesdienste am vergangenen Sonntag sind ausgefallen. Das Glaubensleben findet in den Krisenzonen mehr in den Privathäusern statt.
Zeichnet sich bereits eine größere Flüchtlingsbewegung ab?
Viele Menschen verlassen aktuell die umkämpften Städte und flüchten zu Verwandten und Bekannten auf dem Land. Noch haben wir keine Nachrichten von großen Flüchtlingswellen und Camps, aber es gibt auf jeden Fall eine Flucht aus den Städten heraus.
Besteht noch irgendeine Chance, diesen Konflikt einzudämmen?
Die Fronten sind momentan unglaublich verhärtet. Unsere Kontaktpersonen sagen: Wenn nicht eine der Gruppen nachgibt oder siegt, dann glauben sie leider nicht an ein schnelles Ende des Konflikts. Alle unsere Partner bitten um das Gebet; sie sagen mir: „Das Einzige, was uns jetzt Kraft geben kann, ist, wenn wir uns vom Gebet getragen wissen.“
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