Heute ist Skopje die Hauptstadt der jungen Republik Mazedonien, deren Staatssprache seit 1944 die jüngste slawische Literatursprache, Mazedonisch, ist. Die Familie des späteren „Engels der Sterbenden“ von Kalkutta war aber immer albanisch. Nicht nur auf dem Amselfeld (Kosovo), sondern auch in Mazedonien leben viele Albaner. Sie stellen heute mehr als ein Viertel der Bevölkerung Mazedoniens. Auch die wenigen Katholiken Mazedoniens sind durchwegs Albaner, nur die Katholiken des byzantinischen Ritus bei Strumica sind Mazedonier. Skopje war in türkischer Zeit Sitz eines lateinischen Erzbischofs. Heute residiert dort ein Bischof, da der Titel des Erzbistums auf Belgrad überging. Als Gonxhe Bojaxhiu, so hieß Mutter Teresa als Mädchen, geboren, besuchte die zukünftige Gründerin der Missionarinnen der Nächstenliebe in ihrer Heimatstadt serbische Schulen, da die Albaner im Jugoslawien der Zwischenkriegszeit ohne Rechte waren. Ihr Vorname Gonxhe heißt Rosa, der türkische Familienname bedeutet Färber und kommt in ähnlicher Form auch im Bulgarischen und Serbischen vor.
Während ihr Bruder Lazar 1939 im Gefolge der italienischen Besetzung Albaniens nach Italien verschlagen wurde und wegen der Kriegsereignisse dort bis zu seinem Tode 1969 in Palermo blieb, mussten Mutter und Schwester in Albanien bleiben. Age war als Übersetzerin und Radiosprecherin in Tirana tätig. Beide Frauen erlebten die blutige kommunistische Verfolgung der Nachkriegszeit und die Erklärung Albaniens zum ersten atheistischen Land der Welt durch Enver Hoxha 1967. Die Mutter starb am 12. Juli 1972, die Schwester kurz darauf. Alle Versuche Mutter Teresas, über große Politiker wie J. F. Kennedy, de Gaulle, U Thant, lndira Gandhi u. a. eine Möglichkeit zu finden, Mutter und Schwester noch einmal zu sehen, wurden damals von den Behörden in Tirana abgelehnt. Mutter Teresa durfte nicht einmal die albanische Gesandtschaft in Rom betreten, geschweige, dass sie empfangen worden wäre. Augenzeugen berichten, dass Mutter Teresa einmal Tränen in den Augen hatte, als sie vor der diplomatischen Vertretung Albaniens in Rom bereits am Eingang abgewiesen wurde, und zu ihrer Begleiterin sagte: „Es gibt in dieser Welt Mauern, die auch die Liebe nicht übersteigen kann.“
Milatovic schreibt weiter: „Eines Tages brach Aga in unserer Botschaft in Tränen aus, als sie eine Meldung aus ‘Zeri i populit’ (der albanischen Parteizeitung) übersetzte. Sie erklärte, dass sie wegen einer Freundin weine, die als Schwangere zum Tode verurteilt und erschossen wurde. Als man sie in den Gefängnishof zur Hinrichtung führte, legte sie die Hände auf den Bauch und schrie: ‘Tötet mir nicht das Kind, es bewegt sich schon, ich bin im sechsten Monat.’“
Prof. Dr. Rudolf Grulich
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