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Droht ein Völkermord in Nigeria?

Droht ein Völkermord in Nigeria?

Übergriffe durch islamistische Fulani-Hirten nehmen zu

29.06.2018 aktuelles
„Die Weltgemeinschaft darf nicht denselben Fehler machen wie beim Völkermord in Ruanda. Er fand unter den Augen der Weltöffentlichkeit statt, aber niemand hat ihn gestoppt.“
Dies erklärte der nigerianische Bischof William Amove Avenya gegenüber KIRCHE IN NOT angesichts der zunehmenden Attacken islamistischer Viehhirten aus dem Volk der Fulani auf die ansässige Landbevölkerung – unter ihnen viele Christen.

Zusammen mit anderen Bischöfen aus Nigeria hat Avenya sich in einem Appell an die Weltöffentlichkeit gewandt. Avenya ist Bischof von Gboko, das im südöstlichen Bundesstaat Benue liegt. Die Region gehört zum sogenannten „Middle Belt“, wo der mehrheitlich christlich besiedelte Süden Nigerias an den mehrheitlich muslimischen Norden grenzt.
Bis auf das Fundament zerstörtes Gebäude im Bistum Kaduna (Nigeria) nach einem Angriff von Fulani im Jahr 2017.
Christen protestieren gegen die zunehmenden Fulani-Attacken.
Ein durch einen Angriff von Fulani zerstörtes Gebäude.
Trotz zahlreicher Anschläge durch Boko Haram sind die Gemeinden in Nigeria sehr aktiv und die Gottesdienst gut besucht.
Kinder aus Nigeria.

Im Bundesstaat Benue wurden Medienangaben zufolge seit Anfang des Jahres 492 Menschen bei Überfällen durch Fulani getötet. So verloren zum Beispiel am 24. April zwei Priester und zwei Gläubige bei einer Attacke während eines Gottesdienstes ihr Leben.

Auseinandersetzungen schwelen schon lange

In den anderen Regionen des „Middle Belt“ zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Mitte Juni kamen nahe der Stadt Jos mehr als 100 Personen bei Attacken der Fulani ums Leben.

Die Auseinandersetzungen schwelen schon lange – neu ist jedoch das Motiv der Attacken, sagte Avenya: Während sie in der Vergangenheit rein ethnisch oder wirtschaftlich geprägt gewesen seien, scheine jetzt „der religiöse Hintergrund die Oberhand zu gewinnen“.

Es gehe den extremistischen Fulani längst nicht mehr um Landstreitigkeiten: „In mehrheitlich muslimischem Gebieten verüben sie diese Taten nicht. Wir sind davon überzeugt, dass es sich um eine ethnische Säuberung an Christen handelt“, sagte Avenya.

„Ethnische Säuberung an Christen”

Deshalb hat er den drastischen Vergleich mit dem Völkermord in Ruanda gewählt. Dort wurden 1994 innerhalb weniger Monate bis zu einer Million Angehörige der Tutsi-Minderheit von Milizen aus dem Stamm der Hutu getötet.

Den Vereinten Nationen sowie einzelnen Staaten, die damals Truppen in Ruanda stationiert hatten, wird bis heute Untätigkeit vorgeworfen.

Die Gefahr einer solchen Entwicklung in seinem Heimatland sieht auch Bischof Matthew Ishaya Audu aus Lafia, das etwa 200 Kilometer südöstlich der nigerianischen Hauptstadt Abuja liegt: „Die Regierung unternimmt nichts, um die Terroristen aufzuhalten.“ Das stimme umso nachdenklicher, da auch Präsident Muhammadu Buhari dem Volk der Fulani angehöre.

Christen protestieren gegen die zunehmenden Fulani-Attacken.
William Amove Avenya, Bischof von Gboko/Nigeria.
„Die Regierung unternimmt nichts”

Die Polizei bleibe weitgehend untätig. In den von Überfällen betroffenen Gebieten gebe es in Dörfern und auf Wegabschnitten regelmäßig Kontrollpunkte. Dennoch sei es laut Polizei bislang nicht gelungen, Täter zu fassen.

„Ist es möglich, dass bewaffnete Männer mit ihren Viehherden unsichtbar werden?“, fragt Audu. Zudem würden die Fulani auch über immer anspruchsvollere Waffen verfügen. „Früher waren sie nur mit Stöcken bewaffnet; heute besitzen sie teure Maschinengewehre. Wer stattet sie damit aus?“

Letztlich würden die Fulani instrumentalisiert, ist Audu überzeugt. Seiner Meinung nach gebe es „eine klare Agenda, den nigerianischen ,Middle Beltʼ zu islamisieren.“

Gegen diese Entwicklung und um die Regierung zu einem besseren Schutz für die Christen aufzufordern, haben Ende Mai alle nigerianischen Diözesen an einem Protestmarsch im Bundesstaat Benue teilgenommen.

„Unsere Gläubigen werden getötet oder müssen aufgrund der Attacken fliehen – doch die westliche Welt betrachtet die Fulani nur als internes Problem“, erklärten die Bischöfe und wiederholten ihren Appell: „Wartet nicht ab, bis ein Völkermord verübt wird, ehe Ihr eingreift!“

Unterstützen Sie die verfolgten Christen in Nigeria

Die verfolgten Christen Nigerias gehören zu den Schwerpunkten der Hilfe von KIRCHE IN NOT auf dem afrikanischen Kontinent.

Wir fördern unter anderem den Wiederaufbau zerstörter Kirchen, die Priesterausbildung, den Unterhalt der Klöster und die pastorale Arbeit der Kirche.

Im Norden Nigerias, in der die Gläubigen bis heute unter den Folgen des islamistischen Terrors von „Boko Haram“ leiden, unterstützt KIRCHE IN NOT auch Hilfsprogramme für Witwen und Waisen.

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