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„Es gibt keine Menschenrechte erster und zweiter Klasse“

„Es gibt keine Menschenrechte erster und zweiter Klasse“

Ein Kommentar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung am 22. August

19.08.2021 aktuelles
Am 22. August ist der „Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer von Gewalthandlungen aufgrund der Religion oder der Weltanschauung“. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich ein hochbrisantes, aber sträflich unterschätztes Thema: Religiöse Diskriminierung und Verfolgung nimmt weltweit zu.

 

Der Bericht „Religionsfreiheit weltweit 2021“ von KIRCHE IN NOT dokumentiert das: In jedem dritten Land wird die Religionsfreiheit verletzt. In diesen Staaten leben rund zwei Drittel der Weltbevölkerung. Die Verstöße betreffen Angehörige aller Religionen – und nicht nur Gläubige: Wird Religion unterdrückt, sieht es mit Presse- oder Meinungsfreiheit und anderen Grundrechten nicht besser aus.

Florian Ripka, Geschäftsführer von KIRCHE IN NOT Deutschland.
Vor einiger Zeit hat KIRCHE IN NOT Deutschland eine repräsentative Umfrage durchführen lassen: Rund 77 Prozent der Befragten bewerteten Menschenrechte allgemein als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Bei der Religionsfreiheit waren 54 Prozent dieser Ansicht. Wohlwollend kann man diese Zahl mit Desinteresse an Religion interpretieren.

 

 

Es bedeutet aber auch, dass fast die Hälfte der Deutschen kaum oder wenig Problembewusstsein dafür haben, wenn autoritäre Regime Gläubige überwachen, wenn Muslime und Christen in Indien oder Pakistan einen schlechteren Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung bekommen oder wenn Menschen in Subsahara-Afrika um ihr Leben fürchten müssen, weil sie sich einer extremistischen Auslegung des Koran widersetzen. Diese Einstellung ist fatal. Es gibt keine Menschenrechte erster und zweiter Klasse!

Särge mit den Opfern eines Angriffes auf eine Kirche in Burkina Faso.
Es scheint, als führte die Religionsfreiheit ein Schattendasein im Kanon der Menschenrechte. Dabei warnt Papst Franziskus in seinem Schreiben „Evangelii Gaudium“ ausdrücklich davor, Religionen zum Schweigen zu bringen und auf die Verborgenheit des Gewissens jedes Einzelnen zu beschränken oder sie ins Randdasein des geschlossenen, eingefriedeten Raums der Kirchen, Synagogen oder Moscheen zu verbannen.

 

Im Schattendasein des Menschenrechte-Kanon?

Das schade, nicht nur der Kirche, sondern der Gesellschaft allgemein. Wo Religion fehlt, macht sich kalter Egoismus breit.

Eine der Kirchen in Sri Lanka, die bei den Anschlägen am Ostersonntag 2019 zerstört wurden. Rund 300 Menschen kamen damals durch die Explosionen in Kirchen und Hotels ums Leben.
Es gibt noch einen Grund, für Verletzungen der Religionsfreiheit sensibler zu sein: Religionen werden für globale Friedensprozesse immer wichtiger. Das kam auch bei der Reise von Papst Franziskus in den Irak im März 2021 zum Ausdruck.

 

Politisch, gesellschaftlich oder wirtschaftlich geht in vielen Krisenländern nichts mehr voran, allein die religiösen Gemeinschaften können noch Begegnung und Austausch schaffen. Sowohl die Regierung als auch die Bevölkerung unseres Landes mit Vorbildcharakter in der ganzen Welt sollte das auf dem Schirm haben.

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