Zwar sei etwa im Nahen Osten die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) mittlerweile zurückgedrängt, aber die Kämpfer würden sich nun neu organisieren oder als Einzeltäter Anschläge verüben.
Auch in afrikanischen Ländern sei der islamistische Terror Verfolgungsursache Nummer eins. Diese Verfolgung treffe allerdings nicht nur Christen. Die Extremisten machten auch vor ihren muslimischem Glaubensbrüdern keinen Halt.
„Christen in großer Bedrängnis“ gehe es darum, die Schicksale der Opfer religiöser Gewalt sichtbar zu machen – jenseits von Zahlen, erklärte Pelster: „Es kursieren unterschiedliche Angaben, wie viele Christen verfolgt sind. Das hängt auch damit zusammen, ob bereits gesellschaftliche Diskriminierung zur Verfolgung gerechnet wird oder nicht. Die Grenzen sind fließend. Statt schwer zu ermittelnder Zahlen sollten eher die betroffenen Personen im Vordergrund stehen.“
Zwei Betroffene kamen im Anschluss selbst zu Wort. Franziskanerpater Firas Lutfi lebt im syrischen Aleppo. Sein Kloster ist eine wichtige Anlaufstelle für die notleidende Bevölkerung der zerstörten Stadt, „die die UNO als gefährlichsten Ort der Welt bezeichnet hat“, so Lutfi.
Der Ordensmann schilderte einige Vorfälle, die „wir als christliche Gemeinschaft in Aleppo als direkte Verfolgung betrachten“, etwa die Entführung von Priestern und Gläubigen – darunter auch der beiden Bischöfe Mar Gregorios Yohanna und Boulos Yazigi im Jahr 2013. Seither gibt es von ihnen kein Lebenszeichen.
Auch Kirchen und Klöster, darunter sein Franziskanerkonvent, seien bombardiert worden. Als eine Bombe während des Sonntagsgottesdienstes in einer Kirche niederging, „vermischten sich die konsekrierten Hostien mit dem Blut der Verwundeten“, sagte Lutfi. „Es gab keinen Ort, an dem wir vor Verfolgung sicher waren.“
Dies habe sich Ende 2016 geändert, als der IS aus Aleppo vertrieben wurde. „Für viele Menschen war dies ein Wunder. Tatsächlich nämlich war die Stadt am 13. Mai 2016 dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht worden. Damals wurde Aleppo noch von Terroristen belagert“, sagte Lufti. Auch wenn die Waffen dort seither schwiegen, herrsche „ein Mangel an allem, was man für ein würdevolles Leben braucht.“
Der Franziskanerpater stellte anschließend zwei aktuelle Hilfsprojekte vor, die er initiiert hat: Die Behandlung traumatisierter Kinder und die Betreuung von Müttern, deren Männer im Krieg gefallen oder sie im Stich gelassen haben.
Lufti dankte KIRCHE IN NOT und allen Helfern: „Ohne aktive Nächstenliebe würde sich der Nahe Osten in ein Museum verwandeln mit alten Steinen, aber ohne die lebendigen Steine im Form von Christen.“ Firas wies auf die Worte von Papst Franziskus hin, wonach das größte Problem der leidenden Christen das Schweigen und die Gleichgültigkeit der Weltgemeinschaft sei. Dieses Schweigen gelte es zu brechen.
Eine Hoffnung, die auch Father John Bakeni aus Maiduguri im Norden Nigerias hegt: „Die Welt braucht Fakten und keine Propaganda.“ In seiner Heimat Nordnigeria lebten über 30 Millionen Christen, etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung.
Dennoch hätten sie keinerlei Ansehen und litten unter „sozialer und religiöser Gewalt“. Ihnen würden Chancen auf Bildung, Beschäftigung und der Zugang zu Staatsämtern ebenso verwehrt wie die Genehmigung für den Bau neuer Kirchen. „Die letzte Genehmigung wurde 1979 erteilt“, so Bakeni.
Auch würden immer wieder christliche Mädchen verschleppt und zwangsverheiratet. „Wenn wir dann versuchen einzugreifen, werden als nächstes unsere Kirchen niedergebrannt.“
Diese Lage sei mit dem Auftreten der Terrorsekte „Boko Haram“ im Jahr 2009 unerträglich geworden: „Wir haben seither eine Zerstörung unserer Leben, unserer Heimat, unserer Kirchen, Schulen und unserer Kultur durchlitten.“
In seiner Diözese seien allein fünftausend Kirchenmitglieder getötet und weitere fünf Millionen Menschen vertrieben worden. „Boko Haram ist die brutalste Terrororganisation der Welt“, sagte Bakeni. Sein Bistum sei plötzlich mit Unterbringung und Versorgung tausender Flüchtlinge sowie der Terror-Überlebenden konfrontiert gewesen. Dabei habe die Sorge nicht nur den Christen gegolten: „Wir waren die ersten, die Muslime versorgt haben“, erzählte Bakeni. „Viele haben uns dafür kritisiert. Aber unsere Haltung ist: Wenn du einen Bruder in Not siehst, musst du ihm helfen.“
Insgesamt hätten die zurückliegenden neun Jahre der Verfolgung nicht nur zu einem Wachstum der christlichen Gemeinden geführt, sondern auch Christen und Muslime einander nähergebracht, erklärte Bakeni: „Ich verurteile nicht den Islam, sondern den Terrorismus. Er ist der gemeinsame Feind der Menschheit.“ Er wünsche sich aber, dass auch die Muslime ihre Stimmen gegen den Terror aus den eigenen Reihen lauter erheben würden.
Jede Woche kommt es in Nigeria zu mehreren Selbstmordanschlägen. Dennoch sei „Boko Haram“ mittlerweile militärisch auf dem Rückzug. „Aber wenn die Vertriebenen in ihre Dörfer zurückkehren, stehen sie vor dem Nichts“, sagte Bakeni.
Die hohe Korruption in Nigeria lähme den Wiederaufbau; Hilfe von Seiten der Regierung bleibe aus. „Das einzige Licht in der Dunkelheit für uns war KIRCHE IN NOT“, bekannte Bakeni. Wichtig sei neben der Hilfe auch der direkte Kontakt.
„Die Mitarbeiter von KIRCHE IN NOT haben nicht nur Gebets- und Hilfsaktionen für Nigeria organisiert, sie haben uns besucht.“ Das sei für die verfolgten Christen ein Hoffnungssignal gewesen. „Die Zuwendung und das Interesse der Öffentlichkeit gibt uns Mut.“
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