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Indischer Bischof kritisiert Diskrimierung der Dalits

Indischer Bischof kritisiert Diskrimierung der Dalits

Bischof Nayak aus dem Bundesstaat Odisha gehört selbst der Kaste der Dalits an

18.04.2018 aktuelles
Bischof Sarat Chandra Nayak weiß, was es heißt, „unberührbar“ zu sein. Der 60-Jährige leitet die katholische Diözese von Berhampur im westindischen Bundesstaat Odisha – und gehört der Kaste der Dalits an. Das ist die niedrigste Kaste der indischen Gesellschaftsordnung; früher wurden sie landläufig als „Unberührbare“ bezeichnet.

„Weil ich selber ein Dalit bin, ist es für mich vielleicht leichter als für andere, das Leitbild vom ,Dienerʼ einer Gemeinde zu verstehen.“ Dabei ist das Wort „Diener“ als Beschreibung für den Stand der Dalits grob beschönigend: Dalits werden zu niedrigsten Aufgaben herangezogen, wie der Müllentsorgung oder zum Latrinenputzen. Sie leben separiert von der übrigen Gesellschaft in Slums. Ein Dalit darf weder neue Kleidung noch Schuhe tragen. Er darf sich nicht mit einem Schirm vor der Sonne schützen und keinem Angehörigen einer höheren Kaste aufrecht ins Gesicht sehen. „Selbst wenn jemand nur mit dem Schatten eines Dalits in Berührung kommt, geht man davon aus, dass er unrein geworden ist“, erzählt Nayak.
Heilige Messe in einer Dalit-Gemeinde.
Eine Dalit-Familie vor ihrem Hausaltar.
Zerstörte christliche Kirche in der Diözese Berhampur.
Konversionsgesetz aus Angst vor Re-Kolonialisierung

Doch es geht noch eine gesellschaftliche Stufe tiefer: Nämlich dann, wenn ein Dalit sich entschließt, die Religion zu wechseln. Im Gespräch mit dem weltweiten päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ erklärt Bischof Nayak den Hintergrund: „Nach der indischen Unabhängigkeit trat ein Erlass in Kraft, mit dem den Dalits und anderen Minderheiten besondere Fördermittel gewährt werden. Damit sollten sie nach Jahrhunderten der Vernachlässigung entschädigt werden. Für Dalits, die anderen Religionen angehören, gilt das jedoch nicht.“

Wird ein Dalit also Christ oder Muslim, bricht auch noch das geringe staatliche Almosen weg. Appelle, das zu ändern, verhallten ungehört: „Christen machen nur 2,5 Prozent der indischen Gesamtbevölkerung aus“, erklärt Nayak. „Daher konnten wir nicht viel tun, um diesen Erlass anzufechten.“

Für die christliche Gemeinschaft ein großes Problem: Denn fast zwei Drittel der indischen Christen sind Dalits. „Die Diskriminierung der Dalits ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte“, betont Nayak. Um Druck zu machen und den Zusammenschluss mit anderen religiösen Minderheiten zu suchen, hat die Indische Bischofskonferenz eine Kommission ins Leben gerufen, die sich der Rechte der Dalits annimmt. Bischof Nayak ist deren Vorsitzender.

Friedlicher Protest sei dringend nötig, erklärt er, denn die Lage der konvertierten Dalits habe sich noch weiter verschlechtert: „Die gegenwärtige Regierungspartei BJP mit ihrer hindunationalistischen Ideologie ist klar dagegen, die Förderung von Minderheiten auf christliche und muslimische Dalits auszuweiten.“ In sechs indischen Bundesstaaten herrschen Anti-Konversions-Gesetze, die den Religionswechsel unter Strafe stellen.

Dahinter stecke die Furcht vor einer Re-Kolonialisierung der indischen Kultur. „Überdies stellt das Christentum bestimmte hinduistische Gebräuche in Frage.“ Dabei seien durchaus Erfolge erzielt worden, so der Bischof: „Die Praxis der Witwenverbrennung, weil einer Frau nach dem Tod ihres Mannes kein eigenes Existenzrecht zugestanden wurde, ist heute fast vollständig verschwunden.“

Bischof Sarat- Chandra Nayak.
20 Prozent der sozialen Dienste werden von Christen geleistet

Es ärgert ihn, dass es „als selbstverständlich“ hingenommen werde, dass gut 20 Prozent der Dienstleistungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich von Christen getragen würden, obwohl diese nur eine kleine Minderheit seien. Von Nationalisten werde versucht, auch hier das Engagement der Christen zurückzudrängen – zum Schaden für die ganze indische Gesellschaft.

Doch nicht nur nach außen gebe es viel an Überzeugungsarbeit zu leisten: „Ein Rest des Kastendenkens bleibt auch bei manchen Christen nach der Taufe noch bestehen.“ 144 Bischöfe hat Indien. Nur zwölf sind Dalits. In der Vergangenheit sei das Kastendenken manchmal als Teil der indischen Kultur bei der Glaubensunterweisung toleriert worden, sagt Nayak. Das sei auch ein Grund dafür, warum sich das Christentum zunächst nur im Süden des Landes ausgebreitet habe, wo der Überlieferung nach der Apostel Thomas missionierte. Dort hätten vor allem Christen höherer Kasten gelebt. „Aufgrund der Kastenmentalität breitete sich der Glaube mehr als 1500 Jahre lang nicht auf andere Landesteile aus. Das änderte sich erst durch die Ankunft des heiligen Franz Xaver in Indien (im Jahr 1542; Anm. d. Red.).“ Doch auch seitdem gebe es noch viel zu tun, um die Vorbehalte zu durchbrechen.

Der Glaubensmut und die – im christlichen Sinne verstandene – Dienstbereitschaft der christlichen Dalits tragen das ihre dazu bei, ist Bischof Nayak überzeugt: „Obwohl christlichen Dalits Sozialleistungen vorenthalten werden und sie unter Diskriminierung leiden, bleiben sie ihrem Glauben dennoch treu. Das geht bis zum Martyrium.“

Das weltweite päpstliche Hilfswerk steht der kleinen und in manchen Regionen bedrängten christlichen Minderheit Indiens zur Seite. Die meisten geförderten Projekte des Hilfswerks entfallen auf den Subkontinent. Dazu zählen die Ausbildung von Priestern, die Arbeit von Ordensgemeinschaften, der Lebensunterhalt für Seelsorger durch Mess-Stipendien, die Schulung von Katecheten, der Bau von Kirchen, die Bereitstellung von Fahrzeugen für die Seelsorge in entlegenen Gebieten und die Förderungen der „Kleinen christlichen Gemeinschaften“, die für die pastorale und karitative Arbeit der Kirche in Indien von Bedeutung sind.

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