Seit einigen Jahren greift ein militanter Extremismus gegen religiöse Minderheiten wie Hindus und Christen um sich. Weltweite Aufmerksamkeit bekam die kleine christliche Minderheit Bangladeschs, als Papst Franziskus das Land im vergangenen Dezember besuchte.
Im Gespräch mit Josué Villalón von KIRCHE IN NOT Spanien erklärt Bischof DʼCruze, warum auch Hindus in Bangladesch ein Interesse am Bau christlicher Kirchen haben und wie der Papstbesuch den interreligiösen Dialog wieder in Gang gesetzt hat.
KIRCHE IN NOT: Bischof DʼCruze, wie sind die Lebensbedingungen in Ihrer Diözese? BISCHOF BEJOY NICEPHORUS D’CRUZE:Mein Bistum Sylhet wurde erst 2011 gegründet. Ich bin der erste Bischof. Anfangs hatte ich noch nicht einmal ein eigenes Haus. Ich lebte zur Miete bei Muslimen. Ich konnte dort weder die heilige Messe feiern, noch durfte ich Zusammenkünfte für Christen abhalten. Ich feierte oft heimlich die Messe, manchmal zusammen mit den Priestern meiner Diözese.
Als Bischof wurde ich zu einer Person ohne Land, ohne Zuhause, ohne Auto. In meinen ersten beiden Amtsjahren bin ich mit dem Bus oft hunderte Kilometer weit zu den Gemeinden gefahren. Ich kam nie pünktlich an, weil man in Bangladesch oft stundenlang auf die öffentlichen Verkehrsmittel warten muss. Ich habe weder eine Bischofskirche noch ein Pastoralzentrum.
Seit einiger Zeit versuche ich Bauland zu finden. Aber das ist sehr teuer. Denn Bangladesch ist ein sehr kleines Land, hier leben aber über 165 Millionen Menschen!
Was braucht Ihr Bistum am dringendsten?Neben den Mitteln für unseren Dienst an den armen Menschen brauchen wir vor allem eine Kirche, damit die Menschen sehen, dass es hier eine christliche Präsenz gibt. In der Stadt Sylhet leben 300 000 Muslime, aber auch immerhin 1500 Christen.
Dank der Hilfe von KIRCHE IN NOT können wir bald die erste Kirche einweihen. Wir werden sie nicht nur für den Gottesdienst, sondern auch für Versammlungen, Religionsunterricht und verschiedene Angebote für Erwachsene und Kinder nutzen.
Und unsere Kirche wird auch ein ökumenisches Zentrum sein: Hier in Sylhet gibt es sechs protestantische Gemeinden. Auch sie haben keinen Raum. Wir unterhalten sehr gute Beziehungen. Wir werden unsere Kirche also auch für die anderen Konfessionen öffnen.
Wie steht die muslimische Mehrheit zum Bau einer Kirche?Meine jahrzehntelange Erfahrung ist: Wenn Muslime in der Mehrheit sind, wollen sie nicht, dass es unter ihnen Angehörige anderer Religionen gibt. In Bangladesch findet ein ständiger Kampf gegen die Minderheiten statt: gegen Hindus, Buddhisten und Christen.
Es kommt zu vielen Diskriminierungen: Zum Beispiel bekommen in einigen Städten Christen nur schwer eine Baugenehmigung, oder sie werden bei der Vergabe von Arbeitsplätzen benachteiligt. Die katholische Kirche stellt für alle Minderheiten eine große Hoffnung dar – denn wir setzen uns auch für deren Schutz ein.
Obwohl wir eine sehr kleine Gemeinschaft sind, haben wir großen Einfluss, zum Beispiel im Bildungs- und Gesundheitswesen. Deshalb werden wir Christen auch im Großen und Ganzen respektiert. Es gab wenig Protest gegen den Kirchenbau – nur von besonders radikalen Muslimen.
In den vergangenen Jahren gab es wiederholt islamistische Angriffe auf Christen und andere Minderheiten. Einige hat der sogenannte „Islamische Staat“ für sich beansprucht. Nimmt der Radikalismus zu?Die fundamentalistischen Gruppen in Bangladesch sind noch klein, aber stark. Im November 2015 wurde zum Beispiel ein Missionar, der auch als Arzt gearbeitet hat, niedergestochen. Er ist auch jetzt, über zwei Jahre später, noch schwer gezeichnet.
Ich selber habe kurz vor Weihnachten eine „herzliche“ Nachricht von den Fundamentalisten bekommen: „Bischof, bereite dich vor, wir werden dich töten.“ Es ist jedoch nichts passiert.
Ende 2017 hat Papst Franziskus Bangladesch besucht. Hat das etwas verändert?In meiner Diözese und im ganzen Land verzeichnen unsere Gemeinden seither einen verstärkten Zulauf. Auch die interreligiösen Beziehungen sind noch intensiver geworden. Darüber freue ich mich – genauso wie über die verstärkte Hilfe aus dem Ausland, die wir bekommen.
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